Sandro Paufler/asl

Eine ganze Branche stirbt aus

Die Kultur- und Veranstaltungsbranche war die erste Branche, die schließen musste und ist die letzte, die wieder öffnen kann. Viele Künstler, Veranstalter und Veranstaltungstechniker sind am Boden. Einen zweiten Lockdown werden viele Selbstständige nicht überleben.
René Grocholl von den Jolly Jumpers, Harry Weiß von Audiotronic und Marcel Baumgart vom Jugendclub Putzkau (v.l.n.r.) sehen die Kultur-und Veranstaltungsbranche ernsthaft in Gefahr. Viele Künstler und Veranstalter haben Existenzängste. Foto: Sandro Paufler

René Grocholl von den Jolly Jumpers, Harry Weiß von Audiotronic und Marcel Baumgart vom Jugendclub Putzkau (v.l.n.r.) sehen die Kultur-und Veranstaltungsbranche ernsthaft in Gefahr. Viele Künstler und Veranstalter haben Existenzängste. Foto: Sandro Paufler

René Grocholl, Schlagzeuger der Partyband Jolly Jumper, Harry Weiß von Audiotronic Veranstaltungstechnik aus Naundorf und Marcel Baumgart, Chef des Jugendclubs Putzkau, sprechen in einem emotionalen Appell Klartext: »Es ist schon lange 5 nach 12.«

Künstler sind von der Existenz bedroht

Seit März steht die Veranstaltungsbranche still und es wurden bis zum jetzigen Tag null Einnahmen generiert. René Grocholl plant mit seiner Band im Zwei-Wochen-Rhythmus. Viele Veranstaltungen mussten coronabedingt abgesagt werden, geplante Auftritte wurden storniert. »Einen zweiten Lockdown überstehen viele Künstler nicht. Auch wir strecken die Fühler nach Alternativen aus«, so Grocholl mit einer nachdenklichen Stimme. Musik werde die Band immer machen, ob es künftig als Haupteinnahmequelle reicht, bleibt derzeit offen, denn die Ersparnisse sind langsam aufgebraucht. Auch bei Harry Weiß steht die Zukunft noch in den Sternen. Erst kürzlich feierte er sein 50. Bühnenjubiläum – wohlgemerkt als Veranstaltungstechniker hinter der Bühne. Als das Geschäft lief, pendelte der mittlerweile 65-Jährige zu zahlreichen Veranstaltungen in der Region. Baute Bühnen und Lichttechnik auf, gab wertvolle Tipps und trug bei jeder Festlichkeit zum Erfolg mit bei. Wie seine Zukunft aussehen wird, kann er aktuell nicht beantworten. »Ich werde sehen, was kommt«. Zwei Jahre hat er noch bis zur verdienten Rente. Harry Weiß ist schon lange im Geschäft und hat vieles erlebt, aber dass ihm ein Virus Existenzsorgen bereitet, hätte auch er nicht gedacht.

Dorffeste gehören inzwischen zum Kulturgut

Marcel Baumgart ist Chef des Jugendclubs in Putzkau und durch seine langjährige Tätigkeit in der Region gut vernetzt. Der Ort ist nicht nur durch das Viadukt bekannt, sondern hat sich durch die harte Arbeit des Jugendclubs sowie das Oktoberfest überregional einen Namen gemacht. Mickie Krause und Jürgen Drewes heizten vor ein paar Jahren den 2.000 Besuchern ein. Dieses Jahr ist alles anders. Vom Hexenbrennen bis zum Oktoberfest mussten alle Veranstaltungen abgesagt werden. Ausgaben, wie Miete und Nebenkosten, laufen für den Jugendverein allerdings weiter. »Eine Veranstaltung mit 500 oder 1.000 Gästen ist bei diesen Auflagen auf einer Wiese nicht machbar«, sagt er und ergänzt: »Unsere Unkosten sind viel höher, als es der Aufwand wert ist«, bedauert der Chef des Jugendclubs.

»Die Kulturbranche ist auch systemrelevant«

Für die Zukunft wünschen sich alle drei, dass Veranstaltungen wieder im normalen Rahmen stattfinden können und die Branche wieder auf die Beine kommt. Denn die staatlichen Hilfen konnten nur die laufenden Kosten überbrücken. Einahmen müssen generiert werden. Für sie ist das Kulturgut genauso systemrelvant wie alle anderen wichtigen Berufszweige in der Krise.


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