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pa/asl

Auf der Suche nach dem wahren »Ich«

Das Theaterstück »Rotterdam« ist eine Mischung aus Toleranz, Verzweiflung und Komödie.

Die neue Bühne Senftenberg zeigt mit »Rotterdam« ein Stück, das mit einer umwerfenden Leichtigkeit mit Geschlechterrollen und Körpergefühlen umgeht. Was bedeutet Geschlecht? Was bedeutet Gefühl? Liebt man einen Menschen oder das biologische Dogma der Geburt? Fragen, mit denen sich das von Samia Chancrin inszenierte Stück »Rotterdam« auf der Studiobühne des Senftenberger Theaters auseinandersetzt. An der neuen Bühne sorgte Samia Chancrin bereits für Aufsehen mit ihren Inszenierungen von »Nellie Goodbye« und »Aus dem Nichts«. Mit Rotterdam bringt die gebürtige Münchnerin nun wieder punktgenau ein Stück auf Bühne, dass heiß diskutierten Fragen der modernen Gesellschaft anspricht.

Tiefgreifende Geständnisse

Alice und Fiona sind seit sieben Jahren ein glückliches Paar, als Fiona ihrer Partnerin gesteht, dass sie sich mit ihrem Körper nicht mehr identifiziert. Sie will künftig als Mann leben. Doch welche Chance hat eine homosexuelle Beziehung, wenn ein Partner den Wunsch äußert, das Geschlecht zu wechseln? Alice ist verwirrt. Ist sie denn überhaupt noch lesbisch, wenn ihre Freundin ihr Freund wäre? Fiona dagegen, die jetzt Adrian heißen möchte, fühlt sich befreit von ihrer Lebenslüge. Sie liebt Alice über alles und versteht ihr Problem nicht. Plötzlich taucht die freigeistige Studentin Lelani in Alices Leben auf und besucht mit ihr Partys, um sie auf andere Gedanken zu bringen. Als sich die beiden näherkommen, stellt das Alice vor die Frage: Verliebe ich mich in ein Geschlecht oder in einen Menschen? Wie unter einem Brennglas zeigt Regisseurin Samia Chancrin die Veränderung, die sich durch Fionas Outing in die Lebensgemeinschaft schleicht. Das Zimmer der Wohngemeinschaft ist auf der Studiobühne nah am Publikum. Hier wird ein Alltag gelebt, wie ihn eigentlich jeder kennen könnte, und das vierköpfige Ensemble agiert so authentisch, als würde man den Figuren bei ihrem Leben zusehen. Mitten im Stück wird innegehalten und die Schauspieler erzählen aus ihrem Leben. Da ist Henning Mittwollen (Fiona/Adrian), der den Wandel der Sinne erlebte, oder Leon Haller (Josh), der sich unbeirrt und in seiner ureigensten Lebensfreude den gesellschaftlichen Herausforderungen stellt. Überhaupt ist es der Regisseurin gelungen, die Besetzung mit sehr viel Authentizität seitens der Schauspieler zu bewältigen. Marianne Helen Jordan (Alice) auf der Suche nach der festen Beziehung, erfolgreich im Job, versucht den Eltern mitzuteilen, dass sie lesbisch ist. Sara Simons (Lelani), jung, lebensfroh, egozentrisch, eben ein Kind der Jetztzeit. Leon Haller (Josh) spielt den Bruder von Fiona/Adrian und war einmal mit Alice zusammen. Er bringt mit gekonntem Sarkasmus in seinem Spiel die Tatsache auf die Bühne, dass er zweimal den Wandel von ihm eng vertrauten Menschen erleben muss. Henning Mittwollen zeigt feminin männlich, dass es wichtig ist, seinen eigenen Weg zu bestehen, aber auch ohne Rücksicht auf den Partner?

Komödiantisch mit Effekt

Das Stück »Rotterdam« ist eine Mischung aus Toleranz, Verzweiflung und Komödie. Tiefgründig, aber auch unterhaltend wird der schon eingangs erwähnte Zwiespalt beleuchtet: Verliebe ich mich in ein Geschlecht oder in einen Menschen? Die Frage muss aber jeder für sich selbst klären. Der Theaterbesuch lohnt sich – nicht nur für junge Menschen. Toleranz steht jeder Generation gut.

Termine

  • Freitag, 11. Februar, 10 Uhr
  • Samstag, 12. Februar, 19.30 Uhr
  • Montag, 14. Februar, 10 Uhr


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