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Hut ab: Apotheker umrundet täglich mit dem Rad den Senfsee

Martin Gruno studierte Pharmazie in Greifswald, wurde Apotheker und lebt seit 1964 in Senftenberg. Jetzt konnte er seinen 80. Geburtstag feiern.
Martin Gruno (80) führte von 1964 bis 2005 die Adler-Apotheke in Senftenberg. Heute genießt er den Ruhestand und hält sich mit Radeln und Schwimmen fit. Foto: sts

Martin Gruno (80) führte von 1964 bis 2005 die Adler-Apotheke in Senftenberg. Heute genießt er den Ruhestand und hält sich mit Radeln und Schwimmen fit. Foto: sts

„Um alt zu werden ist ein erfülltes Leben der Grundstein", sagt Martin Gruno. Der einstige Inhaber der Adler-Apotheke in Senftenberg scheint auf ein solches Leben zurückblicken zu können. Er nahm jetzt viele Glückwünsche zu seinem 80. Geburtstag entgegen.

Senftenberg. „80 ist eine magische Zahl", sagt er und lächelt. „Fast so alt wie Methusalem. Doch ich fühle mich noch sehr fit und habe Spaß am Leben." Für Martin Gruno steht fest: Über jeden Tag dankbar sein, den man gesund verleben darf. „Ich freue mich, wenn noch alles so nach meinen Vorstellungen funktioniert und es meinen Kindern und Enkeln gut geht, sie ihre Fähigkeiten nutzen und sie beruflich vorankommen", erzählt der rüstige Ruheständler. Seine Frau Christina schenkte ihm 1963 und 1966 zwei Töchter - Annekatrin und Maike. Heute erfreuen vier Enkel (Julian, Emilia, Elisa und Michael) einen stolzen Großvater. Einer, der auch nach seinem beruflichen Lebensabschnitt aktiv bleibt. Der 80-Jährige fährt täglich mit dem Rad um den Senftenberger See: „Wenn es das Wetter zulässt, bin ich unterwegs. Gegen 10 Uhr fahre ich von zu Hause los. Nach zirka zwei Stunden bin ich am Hafen. Im Sommer gehts anschließend noch zum Seestrand nach Niemtsch zum Schwimmen. Von Boje zu Boje - rund 500 Meter. In Niemtsch bin ich gern, da dort die Wasserqualität durch das Tonvorkommen ganz gut ist." Den sportlichen Vormittag beschließt ein Essen im „Pier 1". Mit dem Wasser ist Martin Gruno bestens vertraut. Der passionierte Wassersportler gönnte sich in den 70er Jahren sogar ein Segelboot, fuhr gemeinsam mit seiner Frau Regatten. Heute fährt er Rad um den See und pflegt einen eigenen Garten hinter dem Wohnhaus in der Badstraße. „So ein Garten hält fit", sagt er. „Ich bin ausgelastet und habe jetzt mehr Bewegung als im Arbeitsleben - und das, obwohl man als Apotheker auch viel in Bewegung ist."

Martin Gruno ist Senftenberger mit Hingabe. Über 40 Jahre führte er die Adler-Apotheke am Markt. 1964 überfuhr er gemeinsam mit Frau und Tochter die Stadtgrenze: „In Senftenberg wurden nach dem Mauerbau noch Apotheker gesucht und ich habe mich auf diese Stelle beworben. Was uns gereizt hat, war die Wohnung, die mit im Angebot stand, denn in unserem Studienort Greifswald gab es eine große Wohnungsnot. Wir waren froh, hier Fuß fassen zu können. Senftenberg war für uns der Himmel auf Erden." Am 1. September 1964 begann Martin Gruno seine Tätigkeit als Apotheker in der damals staatlich verwalteten Adler-Apotheke. Seine Frau Christina stand dabei ihrem Mann zur Seite. Mit der Wende hieß es auch für Martin Gruno umdenken. „Am 1. Dezember 1990 haben wir die Apotheke privatisiert. Die Selbstständigkeit war für uns natürlich eine Herausforderung, doch wir sind langsam in die Marktwirtschaft hineingewachsen. Da ich in den 80er Jahren die Apotheke bereits erneuert und umgebaut hatte waren wir zu Wendezeiten relativ modern gewesen. So konnten wir ohne großen finanziellen Aufwand in die neue Zeit gehen."

Wie Martin Gruno berichtet, war es von den Arbeitsabläufen keine große Umstellung. Es mussten wie zu DDR-Tagen Buch geführt, Medikamente bestellt und verkauft werden. Natürlich habe es in der DDR nicht die Fülle von Pharmaunternehmen gegeben, die es dann nach der Wende gab. „Aber in der DDR ist kein Mensch gestorben, weil er das notwendige Medikament nicht bekam. Das ist ein Mythos. Wenn es das Produkt im Osten nicht gab und auch kein passendes alternatives Angebot, dann wurden die Medikamente im Westen beschafft. Das war die normale Gangart." Martin Gruno hat, wie er sagt, in Senftenberg viele schöne Jahre verlebt: „Mit den Senftenbergern bin ich immer gut ausgekommen." Noch heute übermittelt Tochter Maike, die seit 2005 die Apotheke führt, Grüße von Kunden. „Ich hatte ihnen ja nicht nur Medikamente verkauft, sondern auch den einen oder anderen Ratschlag gegeben. Als Apotheker muss man immer ein offenes Ohr und gutes Einfühlungsvermögen haben." Das hatte der Jubilar auch in seiner Jugend. Während seiner Zeit in der Oberschule in Belzig in den 50er Jahren spielte er Bass in der Schulband „Tausend bunte Takte". Außerhalb der Schule sorgten sie mit Tanzmusik für gut-gelaunte Abende. „Das war eine schöne Zeit", erinnert sich Martin Gruno, der auch Geige spielt. Sein musikalisches Talent habe er vom Vater geerbt. Dieser spielte bereits Geige in einem Militärorchester. Heute erklingen Geige und Bass eher selten im Hause Gruno, doch der Kultur ist Martin Gruno treu geblieben: „Wir gehen gern in die Neue Bühne. Es ist ein sehr schönes Theater. Während meines Geburtstages genossen wir erneut eine Vorstellung." Martin Gruno habe seine Entscheidung, nach Senftenberg zu gehen nie bereut, ebenso wenig, wie Apotheker zu werden. Er liebt seinen Beruf - bis heute. Auch wenn er nicht mehr hinter dem Handverkaufstisch in der Apotheke steht beschäftigt ihn die Zukunft seines Berufzweiges. „Arzneimittelsicherheit war und ist mir wichtig. Deshalb beunruhigen mich die aktuellen Entwicklungen mit den wachsenden Versandapotheken und der Gewährung von Rezept-Boni. Hier muss die Politik einschreiten, sonst sieht die Zukunft der Apotheken nicht rosig aus." Wie der erfahrene Apotheker sagt, hat Deutschland eines der besten Gesundheitssysteme der Welt. „Die Apotheke vor Ort gehört dazu, berät und versorgt im Notfall rund um die Uhr. Für den Erhalt des bestehenden Gesundheitssystems läuft in den Apotheken seit Mitte Dezember eine bundesweite Unterschriftenaktion." (sts)


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