„Häufig kommen sie als Fremde und gehen als Freunde“
Eine helle, kleine Wohnung im zweiten Obergeschoß mitten im Herzen von Radebeul. Spontan wird der Blick auf eine Menge an Bildern gelenkt, die an der Wand hängen, oder auch in großer Zahl im Rahmen an der Wand gelehnt stehen. Landschaften, Menschen und Tiere Auf den Aquarellen, Ölgemälden und Pastellkreidebildern sind überwiegend Landschaften, Menschen und Tiere festgehalten. Fast fühlt man sich hier wie in einer Ausstellung, doch durch die vielen gestapelten Bilderrahmen mangelt es etwas an der für gemütliches Flanieren nötigen Beinfreiheit. Hier lebt seit 20 Jahren die Malerin und Grafikerin Liselotte Finke-Poser. Bereits im Jahr 1953 zog sie mit ihrem Mann von Leipzig nach Radebeul. Liselotte Finke-Poser kam am 29. Dezember 1925 in Hessisch-Lichtenau zur Welt. Die Familie siedelte nach Leipzig um und trotz des Krieges machte sie 1944 dort ihr Abitur. „Ich liebte schon immer das Zeichnen, habe alles bemalt, was mir in die Hände kam“, beschreibt die alte Dame den Beginn ihres künstlerischen Werdegangs. Die ältere Schwester fing nach dem Abitur mit dem Medizinstudium an, denn der Vater wollte, dass sie etwas „Anständiges“ lernt. Liselotte wurde als einziges Mädchen des Jahrgangs an der Akademie für Grafik und Buchkunst genommen. Freie Künstlerin Dem christlichen Glauben verbunden war sie aktiv in der evangelischen Studentengemeinde und mied die Nähe zur offiziellen Politik, was dazu führte, dass sie 1950 das Studium ohne Abschluss beenden musste. Trotzdem begann Lieselotte Finke-Poser ihre Tätigkeit als freie Künstlerin. Ihren ersten Auftrag erhält sie für die Illustration eines Jugendbuches. In den folgenden Jahren malte sie vor allem Tiere. Maler und Musikus Ihren Mann lernt die junge Malerin in Leipzig kennen und sie heiraten 1950 dort. Der studierte Querflötist bekommt eine Stelle an den Landesbühnen Sachsen in Radebeul und zieht gleich dorthin. 1953 folgt ihm seine Frau, 1954 wird Sohn Max geboren. Auf die Frage, wie zwei Künstler glücklich miteinander auskommen, zitiert sie spontan Wilhelm Busch: Ein Maler und ein Musikus, so Wand an Wand, das gibt Verdruss. „So war es bei uns nicht“ lacht sie und sagt „wir haben glücklich miteinander gelebt und konnten sogar die goldene Hochzeit zusammen feiern.“ Seit 2003 ist Liselotte Finke-Poser Witwe. Am liebsten Portraits In ihrer neuen Heimat Radebeul malte die Künstlerin zu Beginn ihrer Zeit überhaupt keine Landschaften, weil das die anderen Künstler schon längst taten. Inzwischen ist das ganz anders, seit Jahren kann man einen Teil ihrer Landschaften im Radebeuler Kalender bewundern. Am liebsten aber malt sie Portraits. „Denn da“, so erklärt sie, „sieht man nicht nur das Äußere, sondern das, was in dem Menschen steckt.“ An der Wand im Wohnzimmer hängen drei Zeichnungen von ihren Urenkeln. So erklärt sie ihre Vorliebe, Kinder und alte Menschen zu portraitieren. Seit einiger Zeit schaut sie Dirigenten beim Dirigieren zu und malt sie. Ihre Sammlung umfasst schon 27 Dirigenten, auf die Frage wie viele sie noch malen will winkt sie ab und sagt „das hört doch nie auf!“ Sehr häufig geht sie nicht mehr vor die Tür, der Rücken macht Beschwerden und in der hellen Wohnung gefällt es ihr. „Es kommen viele Leute zu mir“, sagt sie lächelnd, „häufig öffne ich ihnen als Fremde die Tür und sie gehen als Freunde.“ Bilder an die Leine geklammert Auf die Frage nach dem Grafikmarkt erzählt Liselotte Finke-Poser, dass sie vor 38 Jahren mit einer handvoll Radebeuler Künstlern gemeinsam mit dem Kulturbund den Grafikmarkt ins Leben rief. Damals riet man den Künstlern davon ab, es würde sich nicht lohnen. „Anfangs“, berichtet sie farbenfroh, „haben wir große Bilder zum Verkauf im Rathaus mit Klammern auf die Leine gehangen. Die Besucher waren aber auf der Suche nach kleinen Bildern, die gut in ein Westpaket passten. Also haben wir dann kleine Bilder ausgestellt!“. Ihr ist er vor allem wichtig, dass die Menschen sich für Kunst interessieren und zum Grafikmarkt kommen. Und das tun sie seit 38 Jahren. „Der Grafikmarkt blüht“, so Finke-Poser begeistert, „selbst den Umzug in die Elbsporthalle hat er gut überstanden.“ (Annette Lindackers)

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