„Wider das Vergessen“ – es wirkt, als wäre der Name des Zeitzeugenprojektes der Zuse-Stadt wie eine Mahnung. Die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten“ veranstaltet dieses Treffen alljährlich in Hoyerswerda. Immer wieder mit ganz besonderen Gästen.
Hoyerswerda. Zwei von ihnen bekam die Jugendredaktion kürzlich vor Kamera und Mikrofon: Prof. Dr. Heinrich Fink, Ex-Rektor der Humboldt-Universität zu Berlin, und Heinrich Ruynat, aufgewachsen im geteilten Berlin des Kalten Krieges. Nach den Pogromen in Hoyerswerda (1991) war Heinrich Fink und seinen befreundeten KZ-Überlebenden klar, dass man vor Ort ein Zeichen setzen müsse.
Seit über 20 Jahren gestaltet er den Zeitzeugentreff mit, war selbst jahrelang (November 2003 bis Mai 2014) Vorsitzender vom VVN-BdA. Das ehemalige Mitglied des Deutschen Bundestages schaut auf ein bewegtes Leben zurück. Sein Weg nach Deutschland führte über Jugoslawien, Tschechien und dann nach Polen. Hier wurde seine Familie gegen ihren Willen angesiedelt.
Es gab auch Glaubenskonflikte: „Ich bin Christ, meine Eltern waren in der bekennenden Kirche von Niemöller und die haben sich dann entsprechend als Protestanten in dieser Kirche verhalten. Wir konnten 1945 glücklicherweise fliehen und sind hier in Brandenburg angekommen.“ Dort widmete er sein Leben der Theologie und machte Karriere. Sein Gesprächspartner an diesem Abend: Heinrich Ruynat. Geboren in Neukölln, aktiv in der Jugendorganisation, nach der Mauerschließung Eisenbahner. Diese Fähigkeiten waren auch in der Hochzeit der Kohle gefragt. „So kam ich in dieses Gebiet hier“, merkt er an. Auch Heinrich Ruynat verweist auf seinen christlichen Hintergrund: „Ich bin im christlichen Humanismus erzogen worden und Hugenotte“. Und etwas brennt dem Mann bis heute auf der Seele: „Ich habe die ganze Zeit in der DDR ohne Repressionen, das möchte ich hier mal klar und deutlich sagen, meine Überzeugung und meinen Glauben ausleben können.“
Rechte Ausschreitungen in jüngster Zeit haben ihn aktiv werden lassen. VVN-BdA, Luther-King-Haus, die Linkspartei – „Es schließt sich überhaupt nicht aus, Christ und Linker zu sein“, wie er sagte. Heinrich Ruynat erlebte auch schon Angriffe auf sein Abgeordnetenbüro, trotzdem steht die Tür weiterhin jedem offen. Angst sei für ihn ein falscher Berater. Beide Antifaschisten vertreten zum gescheiterten NPD-Verbot eine klare Meinung. Heinrich Fink stellt fest: „Die NPD ist in ihrer Ideologie nichts anderes, als die Fortsetzung der NSDAP im Deckmäntelchen.“ Auch Heinrich Ruynat mahnt die Unterschätzung dieser Kräfte an und verweist auf die Weimarer Republik. Der Ehrenvorsitzende des VVN-BdA Fink dazu: „Wir waren nach dem Potsdamer Abkommen ganz klar der Meinung, dass es in Deutschland keine faschistischen Kräfte mehr geben würde.“ Man solle sich da nicht Illusionen hergeben, denn die Ideologie habe sich schon in der Bevölkerung unterschwellig verbreitet, entgegnet Heinrich Ruynat. Prof. Dr. Fink war übrigens Mitinitiator einer Unterschriftensammlung für ein Verbot der rechten Gruppierung. Beide machen sich für Mittel und Wege stark, das Wirken der NPD mindestens einzudämmen. Die Verfassungsfeindlichkeit der Partei sei ja immerhin festgestellt worden. Die beiden freundlichen Herren verabschiedeten sich aber nicht ohne der Jugendredaktion noch mahnende Worte mit auf den Weg zu geben: „Wehret den Anfängen, und leider sind wir nicht mehr bloß bei den Anfängen, sondern eigentlich schon mittendrin!“
Tom H. Seidelt
Jugendredaktion