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„Das Leben ist ein dauernder Lernprozess“

Der 56-Jährige lebt seit 23 Jahren in Gräfendorf bei Herzberg. Doch er will nicht nur dabei sein, sondern mitgestalten. Er engagiert sich vielfältig. n zahlreichen Ehrenämtern bringt sich der Aufsichtsratsvorsitzende der Roga Unternehmungen ein, versucht, sein Lebensumfeld positiv zu gestalten und die Region zu entwickeln.
Gerd Rothaug, 56 Jahre, vereint viele Ehrenämter. Foto: FF

Gerd Rothaug, 56 Jahre, vereint viele Ehrenämter. Foto: FF

Gräfendorf. Seit 1994 lebt er in Gräfendorf und bekleidet dort seit 2014 das Amt des Ortsbürgermeisters. „Ich fühle mich zu Hause im Ort und möchte, dass es hier vorangeht. Stillstand ist nicht meine Philosophie“, sagt Rothaug und untermauert: So wurden etwa der Bürgersteig und die Straße am Sportplatz hergerichtet. Der Jugendklub hat ein neues Dach erhalten, das Feuerwehrhaus wurde umgebaut sowie zahlreiche Elektro- und Telefonkabel in die Erde gebracht. „Daran haben sich viele Leute aus dem Ort beteiligt - manche opferten sogar ihren Urlaub. Es freut einen natürlich, wenn sich die Menschen engagieren und sich für ihren Ort einbringen“, erzählt der Bürgermeister und schwenkt zum zweiten Ehrenamtskapitel. Gerd Rothaug ist Präsident des Gräfendorfer Karnevalvereins - und das bereits 20 Jahre. „Bis 1996 haben die Karnevalisten aus Falkenberg bei uns im Ort für Stimmung gesorgt. Dann fassten wir den Entschluss, das selbst in die Hand zu nehmen.“ Der Karnevalsverein war geboren. Jetzt galt es, eine Führungsperson zu finden. Gerd Rothaug lag nahe. „Wenn einem die Bereitschaft für ehrenamtliche Tätigkeiten angeboren ist, dann engagiert man sich“, sagt er und lächelt: „Ich bin schon ein spaßiger Mensch, kann mit Schabernack umgehen, auch, wenn ich als Kaufmann eher Realist statt Narr bin.“ Karnevalistisch angehaucht war er bereits. Gerd Rothaug ist in der Pfalz geboren, einer Karnevalshochburg. Nach dem Abitur studierte er Betriebswirtschaftslehre in Mannheim. Bereits seit 19 Jahren steht der Präsident auch in der Bütt. Seine Reden sind oft politisch. Daran Schuld sind bestimmt seine politischen Aktivitäten. Seit 2008 sitzt der Pfälzer für die CDU in der Stadtverordnetenversammlung in Herzberg, ist dort stellvertretender Bauausschussvorsitzender, ist im Kreistag des Landkreises Elbe-Elster vertreten und leitet auf dieser Ebene zudem den Ausschuss für Bildung, Kultur und Sport. Dass er als Ortsbürgermeister in mehreren politischen Gremien sitzt, sieht er als Vorteil: „Man bekommt einen anderen Betrachtungswinkel für Probleme, denkt vielfältiger und schaut über den Tellerrand hinaus.“ Bestes Beispiel sei die Geschichte mit dem Oberstufenzentrum (OSZ) in Herzberg. Gerd Rothaug sprach sich dafür aus, dass das alte Gymnasium ins OSZ zieht, um die Lernbedingungen schnell zu verbessern. „Es war ein Ringen im politischen Raum, doch es hat funktioniert. Ich habe versucht, die Menschen mitzunehmen. Ich glaube, das ist immer wichtig. Wir müssen gemeinsam Lösungen finden und sachlich und überlegt argumentieren“, sagt Rothaug und fügt an, dass er trotzdem kein Ja-Sager ist. „Ich sehe die Notwendigkeit, manchmal Kompromisse einzugehen. Eine machbare Lösung ist mir lieber, als mit dem Kopf durch die Wand zu gehen. Ich schätze die Meinung anderer, denn ich kann daraus auch etwas lernen. Das Leben ist ohnehin ein dauernder Lernprozess und wenn man sich das nicht vor Augen führt, dann kann man viele solcher Verantwortungen nicht übernehmen.“
Von der Politik ist es nur ein kleiner Schritt zur Wirtschaft. Dass es Regionalausschüsse der Industrie- und Handelskammer (IHK) Cottbus gibt, ist Gerd Rothaug zu verdanken. Auf seine Anregung hin wurde 2002 der erste Regionalausschuss im Kammerbezirk Cottbus gegründet. Seit 2007 sind weitere in angrenzenden Landkreisen hinzugekommen. „Wir sind als Region zu weit weg vom IHK-Stammsitz in Cottbus. Mit dem Regionalausschuss wollte ich Nähe schaffen. Verkehr und Infra­struktur sind immer brennende Themen im ländlichen Raum - und darum geht es im Kern“, erzählt der Regionalausschussvorsitzende und fügt an, dass sie darüber hinaus auch Unternehmeraktivitäten im Landkreis begleiten oder Schüler und Unternehmen während unterschiedlichen Veranstaltungen zusammenführen. Ausbildung zu fördern, sei sehr wichtig.
Gerd Rothaug kämpft nicht nur für seine Region, sondern auch für seine Branche. Als Landesinnungsmeister der Bestatter in Thüringen setzt er sich seit 2006 für seine Kollegen ein. Durch seine Landestätigkeit ist er zudem im Bundesvorstand der Bestatter vertreten. „In Thüringen habe ich mein Unternehmen aufgebaut und heute noch Betriebe. Daher meine enge Verbindung zum Bundesland“, berichtet Rothaug und erzählt, dass er bereits seit Anfang 2000 stellvertretender Vorsitzender in der Arbeitsgemeinschaft Krematorium im Bundesverband deutscher Bestatter ist. Zu seiner Branche haben die Menschen ein gespaltenes Verhältnis: „Für manche Leute sind Bestatter abschreckend, andere Leute betrachten die Branche eher nüchtern.“
Berufe und Klamotten sind für Gerd Rothaug ohnehin keine Indikatoren, nach denen Menschen beurteilt werden sollten. „Kleider machen für mich keine Leute. Ich beurteile Menschen nach dem, was sie leisten, denn das möchte ich auch für mich beanspruchen“, sagt der 56-Jährige. Und so sieht er seine Ohrringe und Tattoos als Schmuck aber auch als Ausdruck seiner Lebensweise: „Ich bin unter Motorradfahrern groß geworden und heute in einem Motorradclub. Tätowierungen waren hier eher hoffähig gewesen als in anderen Bereichen. So dann auch bei mir.“ Vielfältige Motive schmücken heute die Hälfte seines Körper. Viele zeigen indianische Symbole.
Seine Tattoos haben ihn nicht gehindert, Ehrenämter zu übernehmen. Gerd Rothaug ist seit zirka zehn Jahren Schatzmeister im Förderverein der Grund- und Oberschule „Johannes Clajus“ Herzberg sowie Schatzmeister im Skatclub „Gute Laune“ Ilmenau e.V.. „Ich habe als Schüler in der Pause schon immer gern Skat gespielt. Es ist zwar ein Glücksspiel, trotzdem spielt Denken auch eine wesentliche Rolle dabei. Und das liegt mir.“ Das Skatspiel führte ihn sogar Mitte der 80er Jahre mit dem 1. Skatclub Speyer bis in die 2. Bundesliga. Geschichten, die nur das Leben schreibt.
Stefan Staindl


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