C.M. Schwab

Denken im Jahrzehnt: hyperworx Cottbus

1991 lernte Leif Scharroba bei der VEAG Industriemechaniker für Kraftwerkstechnik. In seiner Freizeit spielte der Technobegeisterte in einer Band und tourte mit elektronischer Tanzmusik durch die Clubs. Sein erstes Instrument, ein Keyboard, hatte er noch Jahre zuvor »selbst gebastelt«.
Leif Scharroba mit seinem Anfang der 90er selbst gebauten Keyboard. Foto: Tudyka.PR

Leif Scharroba mit seinem Anfang der 90er selbst gebauten Keyboard. Foto: Tudyka.PR

Der Corpus war aus Holzbrettern zusammengefügt, für die Tastatur nutzte Leif die Weichenstell-Tasten von der Modelleisenbahn. Dem 17jährigen wurden bereits während seiner Schulzeit im Fach ESP (Einführung in die sozialistische Produktion) Grundkenntnisse über Programmierung vermittelt.
Deshalb konfigurierte und programmierte er sein Keyboard auch selbst. Der erste Flyer für die eigenen Partys wurde noch als Foto entwickelt und vervielfältigt. Scharroba lacht: »Heute undenkbar! Damals war das günstig und der Hochglanz-Effekt begeisterte uns.«

Leif Scharroba fand immer mehr Gefallen besonders an der technischen Seite seines Tuns. Computertechnik wurde verstärkt nachgefragt und das Internet steckte noch in den Kinderschuhen. Er programmierte weiter und legte für sein mittlerweile in der elterlichen Garage installiertes Tonstudio eine Homepage an. Die ersten Unternehmer meldeten sich: »Das wollen wir auch!« Auch Videos wurden angefragt. Für den multimedialen Tausendsassa, der »nebenbei« von einem Computer-Magazin einen Preis für die originellste Joystick-Cockpit-Kreation erhalten hatte, kein Problem. Die ersten eigenen Clips produzierte Leif Scharroba an einem DDR-Mischpult im Amateur-Filmstudio des Kraftwerks Jänschwalde.

»Irgendwann habe einfach gemerkt, dass ich mittlerweile mehr Arbeit zu Hause hatte als im Job«, so Leif Scharroba. »Das ging so nicht weiter.« Die Personalreduzierung im Kraftwerk und die damit verbundene sozial abgefederte Kündigung nahm Scharroba als Chance und Starthilfe für die Existenzgründung. Ein Unternehmen für Audio-, Video- und Internetdienstleistungen wurde gegründet. 2003 wurde dann der erste Mitarbeiter bei hyperworx eingestellt. Etwa 20 Kunden pendelten sich ein. Heute beschäftigt Leif Scharroba neun Mitarbeiter, der Kundenbestand ist auf etwa 500 angewachsen. Aus der Garage sind 260 Quadratmetern im urigen Loftdesign der ausgebauten ehemaligen Brauerei Gustav Schultze in Cottbus geworden. Das Team von Leif Scharroba entwickelt Gesamtlösungen für den Unternehmensauftritt mit dem Fokus auf Anwendungsentwicklung und Onlinedienste, aber auch die nötige Printergänzung - Grafik, Webdesign, Programmierung, Videoclips inkl. Soundproduktion, Online-Marketing. Besonders stark hat sich hyperworx auch im regionalen Networking gemacht – Branchenlösungen und Apps wie Lausitz-Jobs.de, Lausitz.immo oder die Cottbus-App sind hyperworx-Schöpfungen.

All das ist langfristig und auf sich selbst ergänzende Datenportale angedacht. »Wir wollen für die Lausitz DAS digitale Netzwerk schaffen.« Die Software sei fertig, die Bündelung steht noch aus. Es wird im Jahrzehnt gedacht. »Wir haben uns enorm weiterentwickelt«, so der Firmengründer, »sind aber im Wesentlichen bei unseren Wurzeln geblieben. Ich habe alles das, was ich jetzt mit meinem Team anbiete, auch selbst gemacht und von der Pike auf gelernt.« Leif Scharroba ist erfolgreich und führt mit hyperworx eines der renommiertesten Unternehmen seiner Branche in der Region. Würde er sich heute noch einmal selbstständig machen?
Ein klares »Nein!« ist die Antwort. »Die heutigen Steuern und Abgaben für den Klein- & Mittelstand sind einfach zu hoch. Anfang der 90er war mit Pioniergeist noch einiges zu stemmen. Ich weiß nicht, ob das heute tatsächlich noch so funktionieren kann.«

Was gibt er jungen Menschen, die aktuell dennoch gründen wollen, mit auf den Weg? »Disziplin in der Lebens- und Arbeitsgestaltung, Telefon auch mal abschalten. Verantwortung für die Familie wertschätzen, Balance zwischen Business, Gesundheit und sozialem Umfeld halten. Alles andere ist auf Dauer nicht tragfähig.«


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