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Fast 30 Jahre für werdende Eltern da

Seit 30 Jahren gibt es in Riesa die Schwangerschaftsberatung der Diakonie. Seit 28 Jahren kümmert sich Ilona Berner um ratsuchende Eltern.
Schwangerenberaterin Ilona Berner geht zum Jahresende in den Ruhestand. Das Angebot wird es aber weiterhin geben. Foto: Farrar

Schwangerenberaterin Ilona Berner geht zum Jahresende in den Ruhestand. Das Angebot wird es aber weiterhin geben. Foto: Farrar

Wie ging alles los und was kann eine Schwangerschaftsberatung leisten? Von den 30 Jahren bin ich 28 Jahre in der Beratungsstelle in Riesa. Viele Frauen, Paare und Eltern kennen mich und mittlerweile kommen auch deren Kinder zur Beratung zu mir. Zu Beginn waren wir zwei Beraterinnen vor Ort. Seit 2005 hab ich die Beratung allein übernommen. Im Laufe der Zeit gab es auch einige Ortswechsel. Vom Puschkin-Platz an den Karl-Marx-Ring und seit 2004 in die Hohe Straße 9. Die Beratungsstelle erfüllt sehr unterschiedliche Aufgaben:

  • Einzel- und Paarberatung zur psychosozialen Situation während der Schwangerschaft und der ersten Lebensjahre des Kindes
  • Beratung im Schwangerschaftskonflikt und nach einem Schwangerschaftsabbruch
  • Informationen zu gesetzlichen Regelungen und finanziellen Ansprüchen (Mutterschutz, Elterngeld ALG I, ALG II) sowie Unterstützung bei deren Inanspruchnahme
  • Beratung zu und Weiterleitung von Anträgen auf finanzielle Hilfen an die Stiftung „Hilfen für Familien, Mutter und Kind“ des Freistaates Sachsen und zu anderen Stiftungsmitteln und Fonds
  • Psychosoziale Beratung und Begleitung vor, während und nach Inanspruchnahme von Pränatal Diagnostik/ Präimplantationsdiagnostik (PND/PID)
  • Psychosoziale Beratung und Begleitung bei einer vermuteten oder festgestellten Behinderung/Krankheit des Kindes, Informationen über Unterstützung, Kinderbetreuung und weitere soziale Hilfen
  • Vorbereitung auf die Elternrolle und Beratung zum Alltag mit einem Baby
  • Beratung nach einer Fehl- und Totgeburt
  • Beratung zu Sexualität und Familienplanung
  • Beratung bei unerfülltem Kinderwunsch bzw. Ungewollter Kinderlosigkeit
  • Beratung zur Vertraulichen Geburt
Das zeigt, dass die Beratung zum Schwangerschaftsabbruch nur eine unter vielen Aufgaben der Beratungsstelle ist. Die Beratung erfolgt vertraulich, kostenfrei, unabhängig von Nationalität und Weltanschauung, auf Wunsch anonym. Die Beraterin unterliegt - wie ein Arzt - der Schweigepflicht. Was zählt zu den schwierigsten Beratungen? In der Beratung ist es wichtig, sich auf den Menschen der Rat oder Hilfe sucht, einzulassen. Das ist in jeder Beratung individuell. Immer wieder sehe ich mich als Beraterin mit den unterschiedlichsten Problemfeldern konfrontiert (finanzielle Sorgen und Nöte, Partnerschaftskonflikte, Trennungsprobleme, ungewollte Schwangerschaft, Verdacht auf Behinderung des Ungeborenen). Mit beraterischer Kompetenz, einem guten Maß von Nähe und Distanz geht es in den Beratungsgesprächen immer darum, dass die Ratsuchenden ihren Weg finden bzw. dass die in Frage kommenden möglichen Hilfen (z.B. finanzielle Hilfen, Erklärung zum Elterngeld, verständnisvolle Gespräche, Stiftungen) gefunden werden. Was ist eine schöne oder erfolgreiche Beratung? Jede Beratung ist für mich ein Erfolg, wenn die Frauen bzw.  Paare,  Klarheit für die konfliktbeladene Situation gewinnen und es eine Lösung gibt, wie auch immer diese aussieht. Wie konnte die Beratung in der Coronazeit erfolgen? Auch während der Pandemie war und ist die Beratungsstelle geöffnet. Nachdem die ersten Unsicherheiten überwunden waren und es klar wurde, dass uns Corona längere Zeit beschäftigen würde, wurden die Hygiene-Maßnahmen nach den sächsischen Verordnungen und des Gesundheitsamtes angepasst. Auf dem Beratungstisch steht jetzt eine Plexiglas-Trennwand und wir haben Desinfektionsmittel. Nach jeder Beratung wird gründlich gelüftet. Außerdem gilt im Beratungshaus Maskenpflicht. Da Kinder zu jeder Zeit geboren werden und bei gewünschten, wie bei ungewünschten Schwangerschaften viele Fragen entstehen, kommen die Ratsuchenden nach wie vor in die Beratungsstelle. Vor allem die finanzielle Situation bringt für viele Paare und Familien Unsicherheiten. Beim Elterngeld gibt es sehr unterschiedliche Modelle und Möglichkeiten. Viele werdende Eltern sind froh, über die unterschiedlichen  Möglichkeiten  in der Beratung informiert zu werden. Traurig bin ich gerade darüber, dass die Gruppenarbeit ruht. Leider kann ich keine Mutter-Kind-Gruppe und auch keine Stillgruppe anbieten. Was hat sich in 30 Jahren geändert? In den vergangenen 30 Jahren wurden die Hilfsangebote immer wieder angepasst, auch durch Gründung von Netzwerken. Die unterschiedlichsten Professionen arbeiten zusammen und ergänzen sich immer wieder. Die aus meiner Sicht größte Veränderung hat es durch das Gesetz zur Vertraulichen Geburt gegeben. Frauen, die aus persönlichen Gründen ihre Schwangerschaft verschweigen, können sich an die Beratungsstellen wenden und dann in einem geschützten Raum beraten werden. Nur die Beraterin kennt die wahre Identität der Frau, die dann unter einem Pseudonym entbinden kann. So ist für die Sicherheit der Frau und die Sicherheit des Kindes gesorgt. Auch die Einführung des Elterngeldes war für die Familien eine gelungene Änderung. Seit einigen Jahren bekommen die Eltern 65 oder 67 Prozent ihres Einkommens (vorher 300 Euro Erziehungsgeld)  für ein Jahr als Elterngeld. Damit wird die finanzielle Situation der jungen Eltern  entspannter. Warum haben Sie diesen Beruf gewählt? Beraterin bin ich geworden weil ich Frauen und Familien in schwierigen Situationen zur Seite stehen wollte und will. Für mich persönlich endet zum Jahresende meine »Berufung«.  Eine junge Kollegin wird die Beratungsstelle weiterführen und sich sicherlich genauso für die Frauen und Familien engagieren. Das Interview führte Verena Farrar


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