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Carola Pönisch/André Schramm

Schuh-Protest: Öffnet die Schulen!

Sachsens Kultusministerium legte am 19. März eine erste Auswertung der Corona-Selbsttests an Schulen vor. Ergebnis: Die Infektionsrate bei Schülern und Lehrern ist gering. Trotzdem sind im Kreis Meißen die Schulen seit 22. März wieder geschlossen. Dagegen gab es am Wochenende überall stille Proteste und einen Offenen Brief der Bürgermeister an Sachsens Regierungschef.
Stiller Protest mit Kinderschuhen vor dem Rathaus in Radebeul. Foto: Schramm

Stiller Protest mit Kinderschuhen vor dem Rathaus in Radebeul. Foto: Schramm

Als Sachsens Ministerpräsident irgendwann im Januar prophezeite, dass es wohl auch Ostern nichts werde mit Reisen, Gastronomie und Kultur, ging ein Aufschrei durch den Freistaat. Inzwischen ist längst klar: Selbst die zaghaften Lockerungen werden inzwischen als falsch gesehen. Dass dennoch tausende Deutsche derzeit auf Mallorca am Strand liegen, hier aber Click & Meet sowie offene Schulen, Museen und Zoos als hochinfektiöse und daher wieder zu schließende Einrichtungen gelten, ist nur schwer zu verstehen. Schulen: Infektionsraten nicht dramatisch 163.700 Selbsttests wurden seit Wiedereröffnung der weiterführenden Schulen in Sachsen bisher durchgeführt. Das Kultusministerium hat die Ergebnisse analysieren lassen und nun einen ersten Zwischenbericht vorgelegt. Ergebnis: Bei 138.300 Schülertests gab es 168 positive Fälle (0,12 Prozent), bei 25.400 Lehrertests waren es 34 (0,13 Prozent). »Angesichts dieser geringen Infektionszahlen ist es unverantwortlich, insbesondere die Kinder als Beförderer dieser Pandemie zu stigmatisieren«, bringt es Sachsens Kultusminister Christian Piwarz auf den Punkt. Stiller Protest gegen erneute Schulschließungen Wenn auch Schulen nicht die Treiber der Pandemie sind – warum sind sie dann wieder geschlossen? Das fragten sich am Wochenende tausende Eltern in Weinböhla, Radebeul, Coswig, Meißen, Riesa, Großenhain, Nossen, Priestewitz und Zeithain und stellten als Zeichen des Protests Schuhe ihrer Kinder vor den Rathäusern ab. Die Antwort gibt die aktuelle Corona-Schutzverordnung des Freistaats: Wird die 7-Tage-Inzidenz von 100 an mehreren Tagen überschritten, müssen Schulen wieder schließen. Warum nach dieser Verordnung aber Blumenläden und Baumärkte relevanter und ungefährlicher sein sollen als lernende Schüler, ist nach dem Zwischenbericht aus dem Kulturministerium mittlerweile schwer zu vermitteln. Offener Brief der Bürgermeister an Regierung Das starre Festhalten am Inzidenzwert für alle Entscheidungen wird von vielen Menschen immer kritischer gesehen – darunter auch von Burkhard Jung, Präsident des Deutschen Städtetages. Im TV-Interview mit MDR forderte er am 21. März, sich nicht nur an Inzidenzwerten zu orientieren. »Je stärker die über 80- und die 70-Jährigen geimpft sind, um so weniger belastet sind die Intensivstationen, die Sterberate sinkt und deshalb kann die Inzidenz alleine nicht mehr aussagefähig sein. Wir brauchen bei der Bewertung der Situation eine neue, kluge Formel«, sagte Jung. Die Ober- und Bürgermeister des Landkreises Meißen haben jetzt einen Offenen Brief an MP Michael Kretschmer geschrieben. Es falle ihnen als Vertreter der kommunalen Politik immer schwerer, »die Entscheidungen von Bund und Freistaat nachvollziehbar zu kommunizieren«. Die Teststrategie des Freistaates an Schulen und Kitas sei richtig, doch es müsse für jede Einrichtung zielgenaue Konsequenzen gezogen werden. Bedeutet: Eine Schule ohne Corona-Fall zu schließen ist sinnlos. Mehr Differenzierung und Zielgenauigkeit fordern 20 (Ober)Bürgermeister und Landrat Ralf Hänsel auch mit Blick auf alle Öffnungs- und Schließungsszenarien in den Bereichen Handel, Gastronomie, Sport und Kultur.


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