Wilhelm Busch gestorben – Anteilnahme in Cottbuser Blättern

- Vor 110 Jahren -
Koma-Trinker Hans Huckebein in niedersorbischer Übersetzung.

Koma-Trinker Hans Huckebein in niedersorbischer Übersetzung.

 »Ach, kak cesto luze slyse, | az te lube zisi grese! | W jad­nej jsy stej nega bylej | Maks a Moric derje zywej« oder in Deutsch »Ach, was muss man oft von bösen | Kindern hören oder lesen! | Wie zum Beispiel hier von die­sen, | Welche Max und Moritz hießen«. Die unsterblichen Verse von Wilhelm Busch wurden in 281 Sprachen über­setzt. Die niedersorbische Variante der Streiche von Max und Moritz stammt von unserem Landsmann Klaus-Peter Jannasch. Wilhelm Busch starb am 9. Januar 1908, vor 110 Jahren. Der Cottbuser Anzeiger schrieb in einem Nachruf fast prophetisch in Anbetracht heutiger Promis: »In allem ein Weiser, war er es auch darin, dass er es verstand, zur rechten Zeit Schluss zu machen. Als er gesagt und geschaffen hatte, was ihm zu sagen und zu schaffen gegeben war, da legte er Feder und Stift still beiseite und lebte noch manch gutes Jahr in dem Harzdorf Mechtshausen, als stiller, nachdenklicher, lächelnder Beobachter des Weltlaufes, der sich an seinem Gar­ten und am Wandel der Jahreszeiten erfreute. Aber je zurückgezo­gener er lebte, umso höher schwoll draußen in der Welt sein Ruhm an«. Biografisches Schon als Fünfzigjähriger fand Wilhelm Busch Aufnahme in Meyers Konversationslexikon. Dort wird er als „bekannter Zeichner“ beschrieben, »geb. 1833 zu Wiedensahl, erhielt bei seinem Oheim, einem hannöverschen Landgeistlichen, seine erste Erziehung, besuchte, ursprünglich zum Ingenieur bestimmt, vier Jahre die polytechnische Schule in Hannover, dann die (Kunst) Akademien von Düsseldorf, Antwerpen und München.« Ab 1859 veröffent­lichte Busch seine Zeichnungen für die »Fliegenden Blätter« und wurde so der Urvater des Comics. Im Jahr 1866 zeichnete er die Bildergeschichte „Max und Moritz“. Im Herbst erschien dann die Geschichte der ungezogenen Kna­ben. Der Verleger Kaspar Braun kaufte dem notleidenden jungen Künstler für 1000 Gulden alle Rechte ab. Eine Men­ge Geld für Busch, doch in erster Linie ein Bombengeschäft für den Verleger. Heute ist ein Exemplar der Erstausga­be weit über 100.000 Euro wert. Von der Auflage her rangiert die Story nicht weit hinter der Heiligen Schrift und der Mao-Fibel. Der Zeichner und Dichter war mit seinen Geschichten ganz nah am Leben der kleinen Leute. »Der Frosch und die beiden Enten« (»Drei Wochen war der Frosch so krank! Jetzt raucht er wieder, Gott sei Dank!«), »Der hohle Zahn« (»Oftmalen bringt ein har­ter Brocken des Mahles Freude sehr ins Stocken«) oder »Hans Huckebein« (»Ei, ei! Ihm wird so wunderlich, so leicht und doch absunder­lich.«): Seine Lösungen sind einfach und entsprechen dem gesunden Menschen­verstand. Von Gendergerech­tigkeit kann man zwar nicht sprechen. Dennoch wünsch­te man sich Busch als Kom­mentator heutiger Politik und Lebensweise. Mit seinen Bildergeschichten wurde Busch zwar weltberühmt. Er selber nahm sie jedoch nicht sonderlich ernst. Vielmehr wollte er als ernsthafter Ma­ler wahrgenommen werden. Dabei scheiterte Busch al­lerdings an »seinen eigenen Maßstäben«. Die Lyrik des Meisters wurde von seinen Zeitgenossen oft nicht verstanden. Heute sind die an Heine und Schopen­hauer orientierten lebensklugen Verse hoch anerkannt. Der Kaiser kondoliert Doch zurück zur Reaktion auf den Tod des Künstlers. Die in Cottbus ebenfalls gelesene Märkische Volksstimme war differenzierter in ihrer Wertung Buschs: »Den bitteren Hass der Kleri­kalen zog er sich durch seine beiden klassischen Werke zu: ›Der heilige Antonius von Padua‹ und ›Pater Filuci­us‹. Wuchtigen Keulenschlägen gleich sausten und saßen die scharfen Hiebe, die Busch hier gegen die Dunkelmän­ner führte.« Wilhelm Busch verbrachte das letzte Lebensjahrzehnt bei seiner Schwes­ter in Mechtshausen. Zwar galt er längst als »Hausfreund des deutschen Volkes«, der für alle »schwierigen Le­benslagen einen Vers« anbot. Er selbst war aber eher ein verschlossener Typ, der sich zunehmend mit den Themen Leben und Tod beschäftigte. In einem seiner letzten Gedichte konstatiert er: »Nun kommt die Nacht. Ich bin bereits am Ziele. | Ganz nahe hör’ ich schon die Lethe fließen. | Und sieh! Am Ufer ste­hen ihrer viele, | Mich, der ich scheide, freundlich zu begrüßen. | Nicht allen kann ich sagen: Das tut gut! | Der Fähr­mann ruft. Ich schwenke nur den Hut.« Drei Tage nach Buschs Tod gesellte sich Namensvetter Wilhelm I. zu den am Ufer Stehenden. Der Cottbuser Anzeiger druckt das kaiserliche Bei­leidstelegramm. »S.M.« dankt dort für »die köstlichen Schätze«. Wir wissen nicht, ob Busch das gutgetan hätte.


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