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Gruß und Glückwunsch J.W. Stalin – dem Genius unserer Epoche

- Vor 70 Jahren -
Anfang der Fünfziger: Pioniere besuchen einen sowjetischen Soldaten im Cottbuser Lazarett, der sich bei einem Rettungseinsatz verletzt hatte. Foto: Erich Schutt

Anfang der Fünfziger: Pioniere besuchen einen sowjetischen Soldaten im Cottbuser Lazarett, der sich bei einem Rettungseinsatz verletzt hatte. Foto: Erich Schutt

 In der Lausitz war Weihnachten 1949, vor 70 Jahren, an Schnee nicht zu denken. Das milde Wetter wurde positiv aufgenommen, denn mit der Kohleversorgung stand es noch schlecht. Das fünfte Nachkriegsfest stand vor der Tür. In den beiden Vorjahren war ein großer Teil der Kriegsgefangenen zurückgekehrt. In den Niederlausitzer Städten waren die meisten Trümmer weggeräumt. Aber die Kriegszerstörungen waren allgegenwärtig. Auf der A15 standen noch Panzerwracks.
Die Einwohnerzahl von Guben, 1949 noch kreisfrei, hatte sich nahezu halbiert. In den Cottbuser Kammerlichtspielen lief Slatan Dudows Film »Unser täglich Brot«. Das tägliche Brot war auch noch in den Familien das Hauptthema. Zwar gab es im Laufe des Jahres 1949 eine spürbare Verbesserung der Lebensmittelversorgung. In »freien Läden« waren erstmals Produkte ohne Lebensmittelkarten zu haben. Die Kontigentierung von Strom wurde aufgehoben, Abschaltungen blieben aber auf der Tagesordnung. Jedoch ging es langsam aufwärts! In Senftenberg entwickelte sich das spätere Theater der Bergarbeiter zur Kaderschmiede für die DDR-Theaterkunst. Im Gegensatz zu heute spielte die Lausitz beim Fußball ganz oben mit. Die BSG Brieske-Ost belegte vor Weihnachten nach einem Sieg über Leipzig in der jungen DDR-Oberliga den 4. Platz. Mehrmals im Endspiel um die Brandenburgische Meisterschaften: Cottbus Ost.

Stalin wird 70 - »Die Welt feiert«

Ende 1949 war die Existenz zweier deutscher Staaten Realität. Die ehemaligen Alliierten standen sich im Kalten Krieg nun feindlich gegenüber und hatten jeweils ihre Besatzungszonen in ihr Herrschaftssystem integriert. Im Dezember 1949, nach dem erfolgreichen Test der Atombombe ließ sich der sowjetische Führer Stalin zu seinem 70. feiern. Die Märkische Volksstimme und die Lokalredaktion für den südlichen Teil des Landes Brandenburg überschlugen sich mit peinlichen Lobpreisungen. »Stalin führt das Sowjetvolk zum Kommunismus«, »Freundschaft für immer mit Stalin«, »Wir grüßen Generalissimus Stalin« oder »Die Welt feiert Stalin«: So klangen die Überschriften. Und Nationalpreisträger Kuba (Kurt Barthel) dichtete: »Tapfere Menschheit, dem Frieden verschworen, sei wie der Vater des Friedens der Welt./ Kopf des Proleten, Hirn des Gelehrten, Rock des Soldaten: GENOSSE STALIN.«
Das Stalin-Produktionsaufgebot verpflichtete die Arbeiter zu höheren Leistungen. Die Tageszeitung schreibt: »1350 Werktätige des VEM-Betriebes Kjellberg in Finsterwalde verpflichten sich, anlässlich des Geburtstages von Generalissimus Stalin einen Stundenlohn zur Verfügung zu stellen. Im RAW Cottbus wurde von der gesamten Belegschaft eine Sonderschicht durchgeführt, von der der Stundenlohn für das gemeinsame Geschenk der deutschen Werktätigen weitergeleitet wurde.« Die Geschenke für »den größten Freund des deutschen Volkes« transportierte ein »festlich mit Fahnen und Transparenten geschmückter« Eisenbahnzug, bestehend aus »acht Güterwagen und vier Personenwagen«.

Propaganda, Schauprozesse, Personenkult

Was blieb den Arbeitern bei Kjellberg oder im RAW anderes übrig, als sich zu Sonderschichten zu verpflichten. Überall in den Ländern des Ost-Blocks jagte man Feinde. In Schauprozessen in Moskau, Budapest und Prag ging es gegen Kosmopoliten, Westler, Zionisten und Titoisten. Die gefährlichste Waffe des »verfaulenden, sterbenden Kapitalismus« sei der »Parteilose Objektivismus«, schrieb die Volksstimme. In der Lausitz war Weihnachten 1949 die »Einkellerung der Kartoffeln gefährdet«. Die Schuldigen fand  man schnell. Altbauern hatten aus »spekulativen Gründen verdeckte Kartoffelmieten« angelegt. »Die Werktätigen verlangen die unnachsichtige Bestrafung der Saboteure an der Volksernährung«. In Schulen und Verwaltungsgebäuden richteten eifrige Verehrer altarähnliche Stalin-Ecken ein. Straßen, ja ganze Städte erhielten den Namen des Generalissimus. Weihnachten kam in der Märkischen Volksstimme und bei den Losungen auf Transparenten kaum vor. Und drei Jahre später, jetzt im neuen Bezirk Cottbus, gab es zu Stalins Tod noch eine Steigerung des Propaganda-Rummels mit öffentlichen Trauermärschen in den Niederlausitzer Städten, der Trauersitzung der Bezirksleitung im Cottbuser Weltspiegel und Verpflichtungen zu neuen Taten der Kumpel in Knappenrode. Chrustschows 1956 eingeleiteter Entstalinisierung folgte die DDR-Führung nur lustlos!


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