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Der Anfang des Bildungszentrums

- Vor 50 Jahren -
Cottbus tief verschneit - auf dem ehemaligen Lucasfeld entsteht das Bildungszentrum. Foto: Stadtarchiv Cottbus

Cottbus tief verschneit - auf dem ehemaligen Lucasfeld entsteht das Bildungszentrum. Foto: Stadtarchiv Cottbus

In einer eher feierfreudigen Öffentlichkeit ist ein Jubiläum im September weitgehend vergessen worden. Vor 50 Jahren, im September 1969, begann mit der Gründung der Ingenieurhochschule Cottbus die Entwicklung des Bildungszentrums. Die Schulstadt im Norden war eine Cottbuser Besonderheit. Acht Bildungseinrichtungen nutzten hier gemeinsam Anlagen für Versorgung, Kultur und Sport. Nach der Ingenieurhochschule und der Fachschule für Bauwesen fanden dort das Institut für Lehrerbildung und die Pädagogische Schule für Kindergärtnerinnen ihr neues Domizil. Dazu kamen die Betriebsberufsschulen des Textilkombinates und des Tiefbaukombinates sowie zwei Oberschulen. Im Bildungszentrum entstanden 3000 Plätze in Wohnheimen. Dort gab es Mensa, Schwimmhalle, Post, Zahnarzt und Fahrkartenschalter. Das Gründungsdatum der IHS Cottbus ist der 3. September 1969. Im Theater der Stadt »händigt Minister Tschersich im Auftrage des Ministerrates der DDR die Gründungsurkunde aus und übergibt Genossen Prof. Dr. Ing. Heinz Präßler die Berufungsurkunde zum Rektor der Ingenieurhochschule.« Jubelfeiern zum 20. Jahrestag Der neue Rektor sagte der Lausitzer Rundschau: »Die IHS wird eine ihrer Hauptaufgaben darin sehen, gemeinsam mit den Baukombinaten des Bezirkes die forschungsbezogene Lehre zu entwickeln und ein enges Zusammenwirken zwischen den Baustellen, der Bauarbeiterjugend und den Studenten zu erreichen.« Die Feierlichkeiten zur Hochschulgründung hielten sich allerdings in Grenzen. Der 20. Jahrestag der DDR stand bevor und es gab weit mehr zu bejubeln. Was für die Berliner die Einweihung des Fernsehturms war, erlebten die Cottbuser bei der Übergabe des 1. Teilabschnittes des Stadtzentrums. Dazu gehörten die Gaststätte »Am Stadttor« und das Sternchen. Als Höhepunkt der Jubelfeiern mit Ordensregen und Beflaggung galt die Eröffnung des »Automatisierungsvorhabens« Textilkombinat Cottbus durch Erich Honecker, damals noch der zweite Mann hinter Walter Ulbricht. Im Bildungszentrum wurde dann rasch gebaut. Ab Ende 1971 konnte die Schwimmhalle genutzt werden; ein Schwarzbau an den Planungsbehörden vorbei. Das Hauptgebäude der IHS ging 1972 in Betrieb. 1973 waren die Betriebsberufsschulen und die Pädagogischen Fachschulen fertig. Die Cottbuser Hochschule bildete Studenten in den Fachrichtungen Technologie der Bauproduktion, Technologie des Industrie- und Spezialbaus und Technologie des Straßen- und Ingenieurtiefbaus aus. Die Fachrichtung Ingenieurbau erhielt ab 1984 die Vertiefungsrichtung Städtebau und Architektur. Das Militärbauwesen war an der Hochschule ebenfalls präsent. An der Modifizierung des Wohnungsbautyps WBS 70 für das innerstädtische Bauen hatte die Ingenieurhochschule großen Anteil. Zu guter Letzt, im Oktober 1989, erhielt sie den Status einer Technischen Hochschule. Bis dahin war die Bezeichnung Bildungszentrum in Cottbus zu einem festen Begriff geworden, der von dem neudeutschen Campus noch nicht vollständig abgelöst wurde. Lehrerausbildung nicht erforderlich Nach der Wende kamen schwierige Zeiten für die Hochschule und die pädagogischen Schulen. Im Jahr 1990 stellte sich heraus, dass Susanne Albrecht, Vertreterin der 2. RAF-Generation und 1977 an der Ermordung des Bankiers Jürgen Ponto beteiligt, als technische Assistentin mit Hilfe der Staatssicherheit zeitweise an der IHS untergetaucht war. Die Gründung der Technischen Universität Cottbus 1991 beendete die Unsicherheiten. Im Vorfeld war heftig über den Verbleib der Lehrerausbildung diskutiert worden. Soll die zukünftige Cottbuser Uni Grundschullehrer ausbilden? Die zuständigen Gremien antworteten mit einem klaren Nein. Dazu würden die Potsdamer Kapazitäten ausreichen. Die Folgen sind bekannt. Bei Kita-Erziehern und bei Grundschullehrern gibt es große Lücken, die mit Quereinsteigern überbrückt werden müssen. Von dem Elitentransfer, der von West nach Ost nach der Wiedervereinigung einsetzte, war auch die Technische Universität, ab 1994 Brandenburgische Technische Universität, betroffen. Das Centrum für Hochschulentwicklung stellte im Frühjahr 2019 fest, dass »keine Führungskraft (Präsident oder Rektor) einer staatlichen Universität (der Bundesrepublik) in Ostdeutschland geboren wurde.« In Cottbus trifft das übrigens mit Ausnahme der Stadtverwaltung und der Polizei auf nahezu alle großen Institutionen, Ämter und Gerichte zu. Die BTU hätte in der näheren Zukunft die einmalige Chance, diesen von vielen Ostdeutschen als demütigend empfundenen Zustand zu beenden.


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