

„Cottbus begrüßt Abwehrmaßnahmen“: Unter dieser Überschrift informierte die Märkische Volksstimme ihre Leser 1948 über Demonstrationen in der Lausitzstadt: „In sieben Groß-Betriebsversammlungen der Textil-Industrie, der Baugewerkschaft und des Handwerk erhoben die Werktätigen von Cottbus am Montag Protest gegen die aus der einseitigen Währungsreform im Westen sich ergebenden politischen und wirtschaftlichen Folgen.“ Es blieb allerdings nicht bei staatlich organisierten Protesten. Vom 24. Juni 1948 bis zum 12. Mai 1949 sperrte die sowjetische Militärverwaltung alle Transportwege zwischen den westlichen Besatzungszonen und den Westsektoren von Berlin. Den Versuch, ganz Berlin unter sowjetische Kontrolle zu bringen, konterten die Westmächte mit der Luftbrücke. Berlin-Blockade und Luftbrücke gehören zu den Gründungsmythen der Bundesrepublik. Das Heldenepos Luftbrücke hat Denkmäler, Spielfilme und jährliche Gedenkfeiern. Tatsächlich war die Luftbrücke eine große Leistung. Eine Millionenstadt aus der Luft zu versorgen, das hatte es bis dahin noch nicht gegeben. Mit 277 728 Flügen brachten Amerikaner und Briten Lebensmittel, Kohle und Industriewaren nach Westberlin. Die Ursachen für diese seit 1945 beispiellose Konfrontation der Siegermächte waren unterschiedliche politische Ziele. Obwohl das Potsdamer Abkommen vom Erhalt der wirtschaftlichen Einheit Deutschlands und Berlins ausging, planten die westlichen Besatzungsmächte West-Berlin als Brückenkopf zu erhalten. Die Sowjetunion wollte ganz Berlin in ihr Herrschaftssystem integrieren. Berliner für Westbindung Stalin drohte: „Wird aber Deutschland von den Westmächten und ihren Handlangern gespalten, so müssen sie auch zur Kenntnis nehmen, dass Berlin in der Ostzone liegt, und die Konsequenz daraus ziehen. Diese Konsequenz ist die Räumung der für den Krieg vorbereiteten Igelstellung Berlin!“ Um diese Räumung zu erreichen, blockierte die sowjetische Militäradministration die Transportwege. Die folgende Luftbrücke diente jedoch nicht nur den Interessen der Westmächte. Auch der überwiegende Teil der Westberliner wollte an der Westbindung festhalten. Pünktlich zum 70. Jahrestag stellte Außenminister Heiko Maas in Anbetracht des gegenwärtig etwas angeschlagenen Verhältnisses zu den USA fast beschwörend fest: „Heute vor 70 Jahren – als Deutschland in Schutt und Asche lag – wurde der Grundstein für die deutsch-amerikanische Freundschaft gelegt. Auf die Totalblockade West-Berlins reagierten die westlichen Alliierten mit der Berliner Luftbrücke. Sie war nicht nur eine logistische Meisterleistung, sondern vor allem das Zeugnis überwältigender Menschlichkeit. Aus Feinden wurden Freunde, aus Besatzern Beschützer. Dies verpflichtet uns zum Dank – auch heute noch.“ Dazu gibt es nur zwei Anmerkungen. Erstens war die Blockade so total nicht. In Berlin selbst blieb der Verkehr zwischen den Sektoren offen. Ursache und Wirkung Zweitens aber wird die Ursache für die Berlin-Blockade nicht oder nur knapp behandelt. In den Westzonen gab es am 20. Juni 1948 die separate Währungsreform, also die Einführung der D-Mark. Das hieß, am 21. Juni gab es Milliarden umlaufende Reichsmark, die im Westen ungültig, aber im Osten noch Zahlungsmittel waren. Als die Stadtkommandanten drei Tage später die D-Mark, mit einem „B“ gekennzeichnet, auch in den Westsektoren Berlins einführten, war die Lage äußert prekär. Ein Ausverkauf hätte die ohnehin dramatische Versorgungslage im Osten endgültig zusammenbrechen lassen. Die Blockade sollte das verhindern. Der Osten musste nun ebenfalls eine Währungsreform durchführen. Da keine neuen Banknoten zur Verfügung standen, erhielten die alten Geldscheine Aufkleber. Im Mai 1949 endeten Blockade und Luftbrücke. Die Spannung blieb. Der Status von West-Berlin war bis zum Viermächteabkommen 1971 umstritten. Hundert Kilometer südlich, in Cottbus, regten sich die Menschen über andere Dinge auf. Es ging um Lebensmittelrationen, fehlende Sitzgelegenheiten in den Schulen und Brennstoffzuteilungen. Der Spielraum für die kommunale Selbstverwaltung war sehr gering. Im Stadtparlament durften nur Vorlagen und Anträge abgestimmt werden, die vorher von der sowjetischen Kommandantur genehmigt wurden. Das nahm Vorsteher Theopold ernst: „Ich habe schon mal vier Tage im Loch gesessen und habe keinen Bedarf auf mehr.“ Die letzte Sitzung am 28. Dezember 1948 endete erstmals nach dem Krieg mit einem „geselligen Beisammensein“. Bitte ein vollständiges Besteck mitbringen!