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Altmarkt 15- Greiffenhagen, Pyra, Friedrich II. & der WoKu

- Vor 260 Jahren -
Das ehemalige Greiffenhagensche Haus, heute Sitz der Cottbuser Redaktion des

Das ehemalige Greiffenhagensche Haus, heute Sitz der Cottbuser Redaktion des

Die Häuser am Altmarkt können Geschichten erzählen. Der schöne Platz im Herzen der Stadt entstand im 13. Jahrhundert als Kreuzung alter Handelsstraßen. Von der mittelalterlichen Bebauung, vermutlich mit Fachwerkkonstruktionen, haben die großen Stadtbrände im 17. Jahrhundert nichts übrig gelassen. Die heutigen Gebäude stammen aus drei Bauperioden. Bis Mitte des 18. Jahrhunderts entstanden die zweigeschossigen Giebelhäuser mit einem Hauch sächsischen Barocks. Die zweite Phase bildeten die stattlichen Bürgerhäuser aus der Zeit der Entwicklung von Cottbus zur Industriestadt. Zuletzt kam die Altstadtsanierung am Ende des vorigen Jahrhunderts. Erst seit den Planungen für das Neue Rathaus erhielt der Platz den Namen Altmarkt, vorher war es der Marktplatz. Mit dem Abriss der Häuser westlich des alten Rathauses und mit der Zerstörung des Rathauses selbst bekam der Altmarkt seine heutigen Dimensionen. Auf dem Markt tränkten 1640 die plündernden Soldaten des schwedischen Generals Stalhand ihre Pferde. Knapp hundert Jahre später begrüßten die Cottbuser dort Flüchtlinge aus dem Salzburgischen. Und Ende 1940 fand hier eine Parade das aus Frankreich zurückgekehrten Wehrmachtsverbände statt. Das Haus Altmarkt 15 Eine besonders interessante Vergangenheit hat das Haus Altmarkt 15. Das Vorderhaus stammt von der Umgestaltung des Hauses nach 1730 durch den Stadtkämmerer Johann Christian Greiffenhagen. Richtig spannend wird der Altmarkt 15 durch die Besitzer, Übernachtungsgäste und Mieter. Hier wurde 1715 Immanuell Jacob Pyra geboren, der Dichter und Gegenspieler Gottscheds. Pyra schrieb 1740 ein für unsere Ohren ziemlich unterwürfiges Huldigungsgedicht für einen Landsmann, der fast zwei Jahrzehnte später im Altmarkt 15 nächtigte. Am 11. Februar 1758, vor 260 Jahren, schlief der Preußenkönig im Greiffenhagenschen Haus. Darüber ist an dieser Stelle schon im Zusammenhang mit dem Siebenjährigen Krieg berichtet worden. Ein Jahr später, immer noch im Krieg, soll der König erneut dort Quartier genommen haben. Das deutete schon darauf hin dass jenes Haus wohl die angesehenste Unterkunft in der ganzen Stadt war. In der Cottbuser Geschichtsschreibung ist noch von weiteren Besuchen des alten Fritz die Rede. Sie sind jedoch nicht belegt. Auch die Gründe für die Visiten 1758 und 1759 sind weitgehend unbekannt. Vermutlich war der König nur auf Durchreise; möglicherweise im Februar 1758 bei Rückkehr von der erneuten Eroberung der schlesischen Festungen. Der Chronist gibt zu: "Einzelheiten über den Aufenthalt Friedrichs des Großen in Cottbus, die gewiss von großem Interesse wären, sind leider nicht bekannt geworden." Der Alte Fritz als Ratgeber? Und trotzdem hat uns der Preußenkönig heute einiges zu sagen. Nicht der Eroberer Schlesiens, wohl aber der Finanzpolitiker und Reformer! Zwar sind im letzten halben Jahrhundert die preußischen Tugenden etwas aus der Mode gekommen, wer will aber behaupten, dass Eigenschaften wie Disziplin, Fleiß und Sparsamkeit keine Bedeutung hätten. Die Forderung nach maßvollem, sparsamen Umgang mit Geld und Ressourcen, namentlich mit denen der öffentlichen Hand, ist zeitlos und nicht nur in Anbetracht der Verschwendungslisten des Bundes der Steuerzahler hochaktuell. Der Alte Fritz fasst das so zusammen: "Es ist gerecht, dass jeder Einzelne dazu beiträgt, die Ausgaben des Staates tragen zu helfen. Aber es ist nicht gerecht, dass er die Hälfte seines jährlichen Einkommens mit dem Staate teilen muss." Auch eine zweite Seite in der Politik des Königs könnte für die in der Flüchtlingspolitik gespaltene Cottbuser von Interesse sein. Träger von Transparenten, auf denen der Islam als "Krebsgeschwür" bezeichnet hätten seinen Krückstock zu spüren bekommen, denn "Die Religionen Müsen alle Tolleriert werden, ...den hier mus ein jeder nach Seiner Fasson Selich werden." Denjenigen, die für die Integration der Flüchtlinge verantwortlich sind, würde der Freigeist allerdings auch einige Hinweise geben. Ähnlich mit der finanziellen Unterstützung für die in Cottbus angesiedelten Hugenotten, Württemberger und Sachsen, schon damals Refugies genannt, schlüge er wohl ein "Integrationskredit" vor, vergleichbar mit dem "Bafög" für einheimische Studierende, um die Motivation und das Tempo der Integration zu erhöhen. Doch zurück zum Altmarkt 15: Nach Dichter und König hat das prachtvolle Haus nun einen respektablen Nutzer. Heute ist es Sitz der Cottbuser Redaktion des Wochenkuriers.


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