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Staatsbesuch in der Provinz – Assad und Honecker in Cottbus

- Vor 40 Jahren -
Fahrt von Assad, Honecker und Walde durch Cottbus. Foto: Erich Schutt

Fahrt von Assad, Honecker und Walde durch Cottbus. Foto: Erich Schutt

Ende der Zwanzigerjahre besuchte der ägyptische König Fuad I. Deutschland. Zum Besuchsprogramm des Nachfahren von Pücklerfreund Mehemed Ali gehörte auch ein Abstecher nach Cottbus und Branitz. Vier Jahrzehnte später erlebte die Niederlausitz erneut den Besuch eines orientalischen Potentaten. Anfang Oktober 1978, vor 40 Jahren, besuchte Hafiz al-Assad die DDR. Bei dem Ausflug in die Provinz, Bestandteil fast jedes Staatsbesuches, kam der syrische Präsident in Begleitung Erich Honeckers am 3. Oktober nach Cottbus. Der ehemalige Luftwaffenoffizier hatte sich zuvor an die Spitze der Baath-Partei und der Syrischen Arabischen Republik geputscht. Sein Kampf um die Macht weist Ähnlichkeiten mit dem Aufstieg Mehemed Alis auf. Blutige Massaker begleiteten den Weg des Diktators. Für die Länder des Warschauer Vertrages war Assad jedoch ein wichtiger Partner. Das Neue Deutschland schrieb am Vorabend der Visite: "Hafiz al-Assad leitete erfolgreich die militärischen Operationen im Oktoberkrieg 1973 gegen die israelischen Okkupanten. Durch sein konsequentes Eintreten gegen Kolonialismus, Rassismus und Apartheid, gegen imperialistische Aggression, Ausbeutung und Einmischung, für eine umfassende, gerechte und dauerhafte Regelung des Nahost-Konflikts erwarb er sich große Verdienste und hohes internationales Ansehen." Organisierte Jubel Cottbus zum Ziel eines Staatsbesuches zu machen, ergab im Herbst 1978 aus Sicht der DDR-Führung Sinn. Das "Zentrum des Kohle- und Energiebezirkes", jüngste Großstadt des Landes, hatte in diesen Monaten einiges vorzuweisen. Der neue Stadtring entlastete den Verkehr. Nach 33 Jahren hatte Cottbus wieder einen Bahnhof. Im Stadtzentrum startete der Herbstmarkt mit einem neuen, attraktiven Gesicht. Gegenüber dem Konsument-Warenhaus öffnete Hortex, eine Verkaufsstelle für Lebensmittel aus Polen. Die Protokollstrecke begann an der Autobahnauffahrt Sachsendorf. Dort stiegen Assad, Honecker und Bezirkschef Walde in die offenen Tschaikas um. Der Präsident sah das größte Neubaugebiet der Stadt, "... wo inzwischen Tausende Energiearbeiter und andere Werktätige die großzügige Verwirklichung des Wohnungsbauprogramms der Partei verspüren." Und weiter: "Die Kreuzung Straße der DSF/ Thiemstraße gleicht einem Fahnenmeer." Das Spalier und die Sprechchöre waren vorbereitet, die Winkelemente verteilt. Die Hausvertrauenslaute sorgten für die Beflaggung. (Noch heute sind den älteren Cottbusern Demonstrationen mit vorgefertigten Elementen und Losungen, zu denen von lokalen Medien und Verwaltungen aufgerufen wird, suspekt.) Ziel der Wagenkolone war das Hotel Lausitz am Berliner Platz. Dort wurden die beiden Staatschefs von "... vier Mädchen in schmucker sorbischer Tracht begrüßt." Das Besucherprogramm folgte dann dem Lebenslauf Assads. Die veröffentlichte Biografie hatte aus dem Sohn eine alawitischen Großgrundbesitzers einen Bauernsohn gemacht. Diesem zeigte man die Milchviehanlage der LPG Tierproduktion Golßen. Den Kampfpiloten Assad empfing das Jagdfliegergeschwader 3 in Preschen. Dort nahmen Honecker und sein Gast an einer Alarmübung unter Leitung von Kommandeur Norbert Wechsel teil. Das hatte für beide Seiten praktische Bedeutung. Im Jom-Kippur-Krieg waren Teile der arabischen Luftstreitkräfte am Boden zerstöre worden. Beim Damenprogramm für Anisa al-Assad begleitete die selten öffentlich auftretende Gertrud Walde die First-Lady in die Sprem und ins Konsument. Politik des Regimewechsel gescheitert Zwei Jahre nach dem Staatsbesuch, nach einem missglückten Attentat, ließ der Diktator 500 wirkliche und/ oder vermeidliche Oppositionelle mit Schnellfeuerkanonen auf offenem Feld erschießen. Davon distanzierte sich die DDR nicht.   Hafiz al-Assad und sein Sohn Nachfolger Baschar regieren Syrien mit diktatorischen Mitteln, mit Foltergefängnissen, brutalen Geheimdiensten und nackter Gewalt. Damit unterschieden sich Vater und Sohn allerdings nicht von den anderen orientalischen Despoten, insbesondere nicht vom Hauptfeind Saudi-Arabien. Nicht zu vergessen auch, dass nach Informationen von Amnesty International der "... US-Geheimdienst CIA (früher) zahlreiche Verdächtige in Länder wie Syrien oder Afghanistan gebracht (hat), um ihnen dort durch Folter Geständnisse abpressen zu lassen." P.S. Wie immer der syrische Bürgerkrieg und der Kampf um die letzte Rebellen/Terroristen-Hochburg Idlib auch ausgehen wird, Opfer ist immer die Zivilbevölkerung. Die westliche Politik der Regimewechsel ist auch in Syrien gescheitert.    


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