Staatsbesuch in Cottbus - Gegenbesuch des Urgroßenkels (I.)
Fast so alt wie die Stadt Cottbus ist die Zitadelle von Kairo. Anfang des 19. Jahrhunderts machte Muhammad Ali, in Pücklers Werken als Mehemed Ali bezeichnet, die alte Festung zu seinem Regierungssitz. Dort, weithin sichtbar über Kairo, befindet sich auch die Muhammad-Ali-Moschee, auch als Alabaster-Moschee bezeichnet. Die Cottbuser, die das prachtvolle Bauwerk besuchen, sehen die Verbindung zu ihrer Heimatstadt gleich rechts vom Eingang. Dort befindet sich die Grabstätte des Mannes, den Pückler als den "orientalischen Napoleon" bezeichnete und auf dessen "außerordentliche Gunst" er sehr stolz war. Der aus Makedonien stammende Vizekönig war als Freischärler im Dienste des osmanischen Sultans nach Ägypten gekommen und hatte sich nach seinem blutigen Aufstieg rasch unabhängig von der Goldenen Pforte in Konstantinopel gemacht. In Europa rümpfte man die Nase über den Potentaten vom Nil. Besonders das Massaker an den Mameluken-Bays, bei dem Muhammad Ali seine Konkurrenten 1811 niedermetzeln ließ, beschäftigte die Presse und die Salons. Pückler betonte jedoch Zeit seines Lebens die Verdienste des Herrschers bei der Modernisierung Ägyptens, beim Aufbau eines zeitgemäßen Bildungs- und Gesundheitswesens. Die vom Vizekönig finanzierte Reise durch „Mehemed Alis Reich“ gehörte zu Pücklers wichtigsten Eindrücken. Ihr verdanken die Cottbuser die Pyramidenebene im Branitzer Park. Ein Gegenbesuch kündigt sich an Fast hundert Jahre nach Pücklers Besuch auf der Kairoer Zitadelle erfolgte der Gegenbesuch des Urgroßenkels in Cottbus und auf Schloss Branitz. Der ägyptische König Fuad I. weilte im Juni 1929, vor 90 Jahren, zum Staatsbesuch in der Weimarer Republik und machte in Cottbus und Bad Muskau Station. Fuad I. war der zehnte Herrscher aus der Dynastie Muhammad Alis. Die Machthaber waren zunächst (ziemlich unabhängige) Gouverneure (Walis), später Khediven, dann Sultane und ab 1922, nach Ende des britischen Mandats, das die formelle Oberherrschaft der Osmanen abgelöst hatte, Könige. Erster König von Ägypten, das damals auch den Sudan einschloss, war jener Fuad. Doch werfen wir zuerst einen Blick auf das Cottbus im Jahr 1929. Die Stadt hatte sich mühsam von den Folgen des Weltkrieges erholt. Oberbürgermeister war Dr. Erich Kreutz. Als Stellvertreter amtierte Dr. Adolf Varnhagen. Die Sitzverteilung in der Stadtverordnetenversammlung ergab eine linke Mehrheit: SPD 18, Bürgerliche Vereinigung 14, Mittelpartei 3, NSDAP 2, KPD 2, Fraktionslos 2. Sitz der Verwaltung waren das Rathaus auf dem Altmarkt und die beiden Stadthäuser. Im Stadthaus Altmarkt 21 tagte auch das Stadtparlament. In der gepflegten, grünen Stadt lebten ca. 50 000 Menschen. Cottbuser Tuche waren in der Welt gefragt. Die Bürger diskutierten 1929 über die städtische Öffentlichkeitsarbeit, den Bau eines neuen Rathauses und einer Stadthalle sowie über die Rolle der Mittelschulen. Der marketingorientierte Oberbürgermeister setzte Ende der Zwanziger verstärkt auf Fremdenverkehr. Die Landung der beiden Ozeanflieger Clarence Chamberlin und Charles Levine 1927 in Klinge nutzte er geschickt für die Stadtwerbung. Kommt Fuad I. nach Cottbus? Ende Mai 1929 meldete der Cottbuser Anzeiger, dass mit einem Staatsbesuch des ägyptischen Königs in Berlin zu rechnen sei. Eine Woche später präzisierte das Blatt: "Am 15. Juni wird König Fuad von Ägypten einer Einladung des Grafen v. Armin Folge leisten und mit dem Kraftwagen von Berlin über Cottbus kommend Muskau aufsuchen, um bis zum nächsten Tage daselbst zu verweilen." Da brachte sich Cottbus schnell in Erinnerung. Der Berliner Lokalanzeiger schrieb nicht ohne Absicht, "dass Cottbus eine schöne Stadt mit modernen Menschen und alter Kultur von Handwerk und Gewerbe ist". Wer auch immer hinter den Kulissen die Fäden zog: Am 9. Juni begrüßte Reichpräsident Hindenburg den König und drei Tage später stand fest, dass Cottbus in das Besuchsprogramm aufgenommen wird. Der Anzeiger beendete das "große Rätselraten". "Er kommt! König Fuad von Ägypten wird, so verlautet heute aus dem Rathaus, tatsächlich Cottbus einen Besuch abstatten." Geplant waren eine kurze Rundfahrt durch die Stadt sowie Visiten im Rathaus und im Park Branitz. Aber das waren nur erste Überlegungen. In den nächsten Stunden webten die Cottbuser emsig an dem "König-Fuad-Teppich". Über Fuads Besuch in der Stadt, über Mutmaßungen der Regenbogenpresse zur Verwandtschaft zwischen Fuad und Machbuba sowie dessen Besuch bei den Branitzer Pyramiden erzählen wir das nächste Mal.