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Pückler verschläft die Schlacht von Königgrätz

In Preußen sah es im Sommer 1866 nach zweijähriger Pause wieder nach Krieg aus. Das in Cottbus stationierte III. Bataillon des 2. Garde-Landwehr-Regiments rückte aus. Andere Cottbuser wurden zur Reserve einberufen. Ein Branitzer jedoch meldete sich freiwillig zur Fahne des Königs. Der greise Fürst Pückler wollte es noch einmal wissen. Allerdings nicht ganz mit dem gewünschten Erfolg. Was war geschehen?
Hermann Fürst von Pückler-Muskau in Offiziersuniform, Lithographie von Friedrich Jentzen nach einer Zeichnung von Franz Krüger, um 1824, Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz

Hermann Fürst von Pückler-Muskau in Offiziersuniform, Lithographie von Friedrich Jentzen nach einer Zeichnung von Franz Krüger, um 1824, Stiftung Fürst-Pückler-Museum Park und Schloss Branitz

In den Jahren 1848/49 scheiterte in den Staaten des deutschen Bundes die bürgerliche Revolution und damit der Versuch, einen demokratischen, einheitlichen Staat in der Mitte Europas zu schaffen. Damit kam die Stunde des preußischen Ministerpräsidenten. Otto von Bismarcks Ziel war ein Staatsgebilde, in dem Preußen die Vormacht ist; also unter Ausschluss Österreichs. Er wollte die Vorrechte des Adels erhalten und gleichzeitig die Voraussetzungen für die Entfaltung des Kapitalismus schaffen. Dazu führte das Königreich Preußen die sogenannten Reichseinigungskriege. Im Jahr 1864 besiegte man noch gemeinsam mit Österreich Dänemark. Der Erfolg an den Düppeler Schanzen, dem entscheidenden Gefecht, kam im Übrigen mit maßgeblicher Niederlausitzer Beteiligung zustande. Im Streit um die Beute, die Herzogtümer Schleswig, Holstein und Lauenburg, und damit um die Vorherrschaft im Deutschen Bund, kam es zwei Jahre später zum Preußisch-Österreichischen Krieg. Auf der Seite Österreichs, dass den Bundestag in Frankfurt anrief, standen die süddeutschen Staaten und Sachsen. Mit Preußen verbündet waren nur einige norddeutsche Kleinstaaten. Jedoch hatte Preußen bei der technischen Ausrüstung die Nase vorn. Die Eisenbahn sorgte für einen raschen Aufmarsch. Die Telegrafie ersetzte den Meldereiter und das Hinterladergewehr ermöglichte eine neue Infanterietaktik. Anfang Juni 1866, vor 150 Jahren, begann der Krieg. Die Cottbuser lasen am 16. Juni im „Anzeiger für Cottbus und Umgebung“: „Die letzten Zweifler am Kriege sind bekehrt, kein Mensch verhehlt es sich mehr, dass wir unmittelbar vor der gewaltigen Katastrophe stehen.“ Einen Tag später lautete die Schlagzeile schon: „Die Preußen sind in Sachsen und Hannover eingerückt.“  Am 18. Juni folgte dann die Proklamation des Königs, die die eigentlichen Kriegsziele schon andeutete: „Österreich und ein großer Teil Deutschlands stehen gegen uns in Waffen ... Verleih uns Gott den Sieg, dann werden wir auch stark genug sein, das lose Band, welches die deutschen Lande mehr dem Namen als der Tat nach zusammen hielt … in anderer Gestalt fester und heilvoller zu erneuern.“ Der Cottbuser Anzeiger berichtete, auch mit Extrablättern, von den Kriegsschauplätzen, die sich zunehmen in Richtung Nordböhmen verlagerten. Es gab Aufrufe zur Musterung, Cottbuser Frauenvereine sammelten Wäsche für Verwundete, die Kaserne wurde in ein Lazarett umgewandelt.
Am 4. Juli erfahren dann die Cottbuser von der Entscheidungsschlacht einen Tag zuvor, die später den Namen Schlacht bei Königgrätz (heute Hradec Kralove) bekam, durch einen Anschlag am Landratsamt: „Gestern Nachmittag haben die Preußen nach achtstündigem Kampfe, bei dem alle 8 Armeecorps beteiligt (waren), einen vollständigen Sieg errungen.“ Das habe „... in der Stadt die freudigste Erregung hervorgerufen.“ Hermann von Pückler-Muskau, seit 1863 Generalleutnant á la suite, war ins Hauptquartier des König gereist. Am Morgen der Schlacht ließ man den 80-jährigen allerdings schlafen. „Denken Sie sich“, schrieb der Fürst an Ludmilla Assing, „dass ich, obgleich im Hauptquartier, um die ganze Schlacht von Königgrätz gekommen bin, durch eine frühere Disposition des Königs. Freilich also nicht durch meine Schuld, ... aber was hilft das, wenn man nur einige Stationen davon entfernt, einer Schlacht nicht beigewohnt hat, … die ohne Zweifel eine der bedeutendsten in der Weltgeschichte bleiben wird, und deren ganze Folgen noch gar nicht zu berechnen sind.“ Das war sicherlich richtig. Die Schlacht in demselben Brief als eine der „... schönsten Gelegenheiten ...“ zu bezeichnen, war bei 85.000 Toten und Verwundeten wohl zynisch. Die Bilder von Königgrätz zeigen, wie Recht General Wellington hatte: „Schlimmer als eine gewonnene Schlacht ist nur eine verlorene Schlacht!“ Nach dem Friedensschluss schied Österreich endgültig aus dem deutschen Staatsverbund aus. Ganz frei für ein Deutschland unter Preußens Führung war der Weg noch nicht. Dazu musste noch Napoleon III. besiegt werden. Im Jahr 1870 meldet sich Pückler dann für den Deutsch-Französischen Krieg. Diesmal will ihm der König jedoch „... keine Anstellung anweisen, da ich den Anstrengungen in meinem Zustand sofort unterliegen müsse.“


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