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FDJ-Chef Erich Honecker spricht auf dem Schillerplatz

Im Sommer 1951 war die „Märkische Volksstimme“, die Heimatzeitung für den Kreis Cottbus, voll mit Berichten über die Vorbereitung der III. Weltfestspiele der Jugend und Studenten. „Vorwärts, Jugendfreunde, zum Festival“, „Eine Büste Stalins gehört in unsere Gruppe“ oder „Die größte friedliche Heerschau in Berlin“ lauteten die Überschriften.

Die Weltfestspiele sind internationale Jugendtreffen, die seit 1947 unregelmäßig stattfinden. Träger der Veranstaltungen ist der, vorwiegend links orientierte, Weltbund der demokratischen Jugend. Die ersten Weltfestspiele fanden 1947 in Prag statt; die letzten 2013 in Quito, der Hauptstadt von Ecuador. Vom 5. bis zum 19. August 1951 lud die Freie Deutsche Jugend der DDR zu den III. Weltfestspielen in das noch weitgehend zerstörte Ost-Berlin ein. Es war die erste große internationale Gelegenheit, den jungen Staat zu präsentieren. Die Vorbereitung des Jugendtreffens fand in der Atmosphäre des Kalten Krieges statt. Der Korea-Krieg und die Diskussion um die Schaffung von deutschen Streitkräften bestimmten die internationale Situation. Die Sowjetunion hatte 1949 das amerikanische Atomwaffenmonopol gebrochen. Die Gefahr eines nuklearen Krieges war Realität. Wie war die Situation hier bei uns im Sommer 1951? Cottbus war noch nicht Bezirksstadt. Nach dem Krieg kam die Versorgung der Bevölkerung nur langsam in Gang. Noch gab es den Schwarzmarkt. Neben den Konsum-Läden, wo man mit Lebensmittelkarten einkaufen konnte, waren HO-Geschäfte mit höheren Preisen, aber ohne Marken entstanden. Bei den Kommunalwahlen im April 1950 gab es, trotz des großen Propagandadrucks eine Mehrheit für LDPD und CDU in der Cottbuser Stadtverordnetenversammlung. Hans Bertram (LDPD) wurde am 18. April zum Oberbürgermeister und Alfred Altmann (SED) zum Bürgermeister gewählt. Das war so von der SED-Führung nicht geplant. Schon am 28. April wurde von der Potsdamer Landesregierung die Kreisfreiheit der Stadt aufgehoben. Cottbus wurde in den Landkreis integriert und der Stadtverordnetenversammlung und dem Verwaltungschef erhebliche Kompetenzen entzogen. Der Oberbürgermeister wurde zum Bürgermeister. Das öffentliche Leben war in dieser Hochzeit des Stalinismus auch in Cottbus von Kampagnen gekennzeichnet: Beitritt zur Gesellschaft für Deutsch-Sowjetische Freundschaft, Verpflichtungserklärungen gegen das Hören des RIAS oder der Studium der Geschichte der KPdSU. Daneben gab es wieder das ganz normale Leben. Die Tanzsäle „Winklers Ballhaus“, „Kaisers“, der Sportpalast und die „Stadtsäle“ waren voll. Die Tanzschule Fritsche hatte großen Zulauf. Der Boxer Hans Robak war Landesmeister im Halbschwergewicht. Der 15. Juli 1951 war in Cottbus der „Tag der Bereitschaft“ für das Festival. „Einwohner von Cottbus! Beweist Eure Verbundenheit mit der Jugend, zeigt, dass die Sache des Friedens uns alle angeht. Beteiligt Euch an dem großen Vorbereitungstag für das große Festival in Berlin.“ Dazu kam Erich Honecker nach Cottbus. Der Vorsitzende der FDJ sprach vor 4000 Menschen auf dem Schillerplatz „... zur Cottbuser Jugend, die die Einzeichnung zu den Weltfestspielen zu 92 Prozent abgeschlossen hatte“. Der spätere erste Mann der DDR teilte mit, dass sich 53 Nationen mitten in der Vorbereitung des großen Jugendtreffens befinden. „Sorgt dafür, dass die deutsche Jugend in vorderster Front steht, da es gilt, eine friedliche Zukunft für das deutsche Volk und die Jugend der ganzen Welt zu sichern.“ Aus dem Ausland reisten zu den Weltfestspielen dann 26.000 Jugendliche an, aus der Bundesrepublik 35.000. Eine Million Jungen und Mädchen aus der DDR waren dabei, eine gewaltige logistische Herausforderung für Ostberlin. Die westdeutsche Seite versuchte, auch unter Einsatz der Polizei und des Bundesgrenzschutzes, die Anreise von Jugendlichen aus der Bundesrepublik zu verhindern. Die DDR ihrerseits bemühte sich, auch durch Unterbrechung des U- und S-Bahnverkehrs, die Besuche der Festivalteilnehmer in den Westsektoren einzuschränken. Für die Großveranstaltung wurden das Walter-Ulbricht-Stadion und die Deutsche Sporthalle errichtet. Das Stadion erhielt zu den X. Weltfestspielen, die 1973 erneut in Berlin stattfanden, den Namen Stadion der Weltjugend. Damit begann die Tilgung des Namens des früheren Partei- und Staatschefs. Auf dem Gelände des Stadion steht heute die BND-Zentrale. Die Deutsche Sporthalle erlebte 1969 kurz vor ihrem Abriss die internationale Vorstellung des Cottbuser Wunderstoffes Präsent 20.


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