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Die Sprem wird zur Fußgängerzone

Die Straßenführung in der Cottbuser Altstadt hat sich seit Jahrhunderten kaum verändert. Johann Friedrich Beuch spricht 1740 von „...acht Straßen, als die sogenannte Sprembergische Straße, Luckowsche Straße, Sandowsche Straße, Mühlen Straße, Neustädter Straße, Tuchmacher Gaße, Kloster Gaße und Hintergaße.“ Auf einem Stadtplan von 1720 ist noch von der „Spremberger Gaße“ die Rede. Jedenfalls war schon im 18. Jahrhundert die Sprem die Erste der Cottbuser Straßen. Wie kaum eine andere hat sie in den Jahrhunderten häufig ihr Bild gewechselt.
Zum Republikgeburtstag 1976 besichtigen die Cottbuser die neue Sprem. Foto: Erich Schutt

Zum Republikgeburtstag 1976 besichtigen die Cottbuser die neue Sprem. Foto: Erich Schutt

Teil der Stadtbefestigung Aus der ganz frühen Zeit ist nur der Spremberger Turm geblieben. Er war Bestandteil des Spremberger Tores, der repräsentativen Toranlage im Süden der Stadt, ein wichtiger Teil der Cottbuser Stadtbefestigung. Aus den Holzkaten der Spremberger Gasse wurden später Fachwerkhäuser. Auf den unbefestigten schmalen Weg schütteten die Anwohner Abfälle und den Inhalt der Nachtgeschirre. Im 18. Jahrhundert gab es dann eine massive, zweigeschossige Bebauung. Aus den Ackerbürgerhöfen wurden Bürgerhäuser mit der Straße zugewandten Schmuckgiebeln. Cottbus entwickelt sich In der Zeit der Entwicklung von Cottbus zur respektablen Mittelstadt, von 1890 bis zum I. Weltkrieg, entstanden dann die viergeschossigen Miets- und Geschäftshäuser, in denen renommierte Firmen wie Babel, Heine, Melde und Sack ihren Sitz hatten. Mit den Kaufhäusern Waldschmidt und Schocken zog eine neue Handelskultur ein. An Stelle der Ruinen, die der faschistische Krieg hinterließ, bauten die Cottbuser in den Fünfzigern Zweckbauten, die sich in das Gesamtbild der alten Straße einfügten. „Cottbus Großstadt nun, Hurra!“ Als Teil der Handelsroute zwischen Böhmen und Sachsen nach Frankfurt/Oder war die Sprem von Anfang an viel befahren. Mit der Einrichtung der Posthalterei Mitte des 18. Jahrhunderts, ungefähr dort, wo sich heute der „Durchbruch“ befindet, verstärkte sich der Verkehr. Ab 1866 starteten in der Sprem die Droschken zum Bahnhof. Und dann, 1903, hieß es „Cottbus Großstadt nun, Hurra!“ und die Elektrische fuhr durch die Einkaufsstraße. Für Verkehr sorgten auch die drei noblen Cafes Seidel gegenüber dem Spremberger Turm, Gerlach und am anderen Ende der Straße Reinsberg. Spezialität dort war der Cottbuser Baumkuchen. Gestaltung der Stadtpromenade Aber bald endete die Zeit, in der die Menschen auf Fabrikschornsteine und Verkehrsgewimmel stolz waren. Auf dem V. Parteitag der SED 1958 war der  Beschluss zur Beseitigung aller Kriegsspuren und zur baulichen Vollendung der zerstörten Zentren in den sogenannten „Aufbaustädten“ gefasst worden. In Cottbus ging das recht schleppend voran. Hier begann dieser Prozess mit dem Bau des Konsument-Warenhauses und der Gestaltung der Stadtpromenade. Fußgängerboulevard wird umgesetzt Aber nun, nach der Dresdener Prager Straße und der Kröpeliner Straße in Rostock wollten auch die Cottbuser ihren verkehrsbefreiten Fußgängerboulevard. Am 6. Oktober 1976, vor 40 Jahren, war es soweit. Die Lausitzer Rundschau berichtete: „Das Gesicht unserer alten Sprem hat sich sehr zu ihrem Vorteil verändert. Im Beisein prominenter  Persönlichkeiten der Bezirksstadt, unter ihnen Dr. Gerhard Oecknick, Sekretär der Bezirksleitung der SED, und Irma Uschkamp, Mitglied der Bezirksleitung der SED und Vorsitzende des Rates des Bezirkes, wurde gestern am Vorabend des Nationalfeiertages unserer Republik die Spremberger Straße als neugestalteter Fußgängerbereich übergeben.“ In nur fünf Monaten Bauzeit waren unterirdische Leitungen erneuert und Gehwegplatten verlegt worden. Neue Gestaltungselemente Zur Neugestaltung gehörten Sitzbereiche, Plastiken, Pflanzanlagen und Kugelleuchten. Der Sorbenbrunnen fand seinen Platz vor der Schlosskirche. Voraussetzung für die Fußgängerzone war die neue Führung der Straßenbahn durch die Stadtpromenade ab 1974. Dafür entstanden der Haltestellenbereich und die elegante Brücke zwischen dem Sternchen und der Buchhandlung. Stadtzentrum hatte Charme Betrachtete man Sprem und Stadtpromenade als Einheit, hatte der LR-Kommentator mit seiner Einschätzung, dass hier die Bewahrung des „Traditionellen im Neugeschaffenen“ gelungen war, durchaus Recht. Das Cottbuser Stadtzentrum mit dem Fußgängerboulevard, dem Jugendclub „Stadtwächter“, den Pavillons und der Stadthalle hatte Charme. Dass die Häuser der Nebenstraßen der Sprem, der Burgstraße, der Töpferstraße und der Neustädter Straße nur zusammenhielten, wenn sie durch massive Losungen gestützt wurden, steht auf einem anderen Blatt. Für den angrenzenden Thälmann-Platz war in der DDR eine weniger behutsame Erneuerung geplant. Die Verhinderung des Abrisses der schönen Häuser gehörte dann auch zu den ersten Beschlüssen des Runden Tisches Anfang 1990.


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