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Der Euro kommt und mit ihm viele Probleme

Als am 1. Januar 2002, vor 15 Jahren, die Gemeinschaftswährung Euro eingeführt wurde, erregte das die Ostdeutschen keineswegs sonderlich. Währungsumstellungen war man gewohnt. Schon 1964 war die Deutsche Mark (Ost) von der Mark der Deutschen Notenbank abgelöst worden. Ab 1967 hieß das Geld Mark der Deutschen Demokratischen Republik. Ganz ernst wurde es am 1. Juli 1990, als die DM eingeführt wurde. Und nun, zwölf Jahre später, kam der Euro! Die Begeisterung hielt sich in Grenzen. Die Bürgerinnen und Bürger waren in den politischen Prozess nicht einbezogen. Der damalige französische Präsident François Mitterrand soll den Wunsch nach Einführung einer gemeinsamen Währung mit der Zustimmung zur deutschen Einheit verknüpft haben. Der Prozess begann 1990 mit der Herstellung des freien Kapitalverkehrs. 1999 entstand die Europäische Zentralbank und die Wechselkurse wurden festgelegt. Von diesem Zeitraum an existierte der Euro zunächst als Buchgeld. Drei Jahre später, im Januar 2002 kam das Bargeld.

Die Cottbuser erinnern sich noch an das Info-Mobil im Herbst 2001 auf dem Altmarkt. Dort informierte eine Ausstellung über das neue Zahlungsmittel, orientierte auf sogenannte Starterkids und beantwortete viele Fragen. In einer Hochglanzbroschüre ging es auch um den Hauptgrund der Skepsis vieler Menschen. Könnte es passieren, dass solide wirtschaftende Länder am Ende für den Haushaltsausgleich von weniger sparsamen Staaten aufkommen müssten? Oder anders gefragt: Wird Deutschland Löcher in den Haushalten der „Hallodri-Staaten" stopfen müssen. Nein, konnten die Cottbuser in der Info-Broschüre des Bundesfinanzministeriums lesen. Die Konstruktion der Gemeinschaftswährung wäre so vorgenommen, dass eine Inverantwortungnahme von Schulden anderer Euroländer absolut unmöglich sei. Das ist in keinem anderen Info-Material widerrufen worden. Die Wirklichkeit übertraf dann die Prognosen der Euro-Kritiker. Eine Kaskade von Fiskalpakten, Hilfspaketen, Sparprogrammen und Rettungsschirmen zeigte den Steuerzahlern die Wirklichkeit. Das Wort „Postfaktisch" war zu diesem Zeitpunkt noch nicht erfunden. Sonst wäre es für die skeptischen Bürger im Zusammenhang mit der Euroeinführung schon verwandt worden. Mit „Postfaktisch" wollen Journalisten und Politiker zum Ausdruck bringen, dass ein Teil der Bevölkerung den Fakten nicht glaubt, die Mühen der Analyse der Wirklichkeit scheut, also dumm oder doch mindestens denkfaul ist. In Wirklichkeit gilt damals wie heute, dass die Wähler dem gesunden Menschenverstand mehr trauen als Umfrageergebnissen und Gefälligkeitsstudien. Das galt 2002 bei der Euroeinführung genauso wie gegenwärtig, wenn zu Silvester in einem „vertraulichen Lagebericht des Bundeskriminalamts (BKA) für die ersten drei Quartale 2016" ein Rückgang der Kriminalität durch Flüchtlinge um 23% konstatiert wird und gleichzeitig Silvesterfeiern mit mittelalterlicher Festungstechnik gesichert werden müssen.

Doch zurück zum Jahreswechsel 2001/2002: Im Cottbuser Rathaus beschäftigte sich die Arbeitsgruppe Euroeinführung mit den praktischen Seiten des Währungswechsels. Die interne Rechnungsführung musste auf Euro umgestellt werden und die Verknüpfung mit den Banken erfolgen. Erforderlich waren neue Belege und Formulare. Das alles wurde von kommunaler Seite exzellent vorbereitet und machte den Cottbuser die Umstellung leicht.

Silvester 2001 lasen die Cottbuser dann noch einen nachdenklichen Kommentar von Beate Möschl in der Lausitzer Rundschau. Sie wies darauf hin, dass die Länder der Euro-Gruppe alles tun müssten, um die Inflationsrate und die Staatsverschuldung im Rahmen der Festlegungen der Maastricht-Verträge zu halten. „In dem Maße, wie sich dieses Versprechen für den einzelnen erfüllt, in dem Maße wird der Euro an Image und Vertrauen gewinnen." Und genau das geschah nicht.

Aber diese großen Zukunftsprobleme beschäftigten die Niederlausitzer zum Jahreswechsel vor 15 Jahren noch nicht. Es ging um ganz praktische Dinge: Einige Tankstellen schlossen Silvester und Neujahr, „Für das Silvestervergnügen reicht die D-Mark – Neue Scheine ab Mitternacht" und „Schlangen an Kassen möglich!". Die Parkscheinautomaten waren kurzzeitig außer Betrieb. Die Tageszeitung fasste am 2. Januar zusammen: „Ab 1 Uhr konnten sich Einwohner aus Cottbus und dem Spree-Neiße-Kreis an allen 54 Geldautomaten im Gebiet der Spree-Neiße-Sparkasse mit den neuen Banknoten versorgen. Der Cottbuser Hartmut Luchterhand war der erste Eurokunde in der größten Geschäftsstelle am Breitscheidplatz. An den Geldautomaten der Sparkasse Spree-Neiße wurden bis gestern 15 Uhr rund zwei Millionen Euro abgehoben."

Die angenehmen Seiten der Gemeinschaftswährung sind in der Lausitz längst angekommen. Jahr für Jahr zeigen die Cottbuser in der Ausstellung „Cottbus weltweit", wohin sie ihre Euros im Urlaub tragen. Auch dank der Gemeinschaftswährung ist der Horizont, an dem man die Cottbus-Tragetaschen sehen kann, stark erweitert worden. Dass die Reisepreise in den Katalogen von 2017 in Euro die gleichen Zahlen zeigen, wie die Kataloge von 2001 in DM, nehmen die Cottbuser Weltenbummler dabei in Kauf.

Inwiefern die verschiedenen Maßnahmen zur Stabilisierung der schwächelnden Euroländer zu einer Besserung führen, wird die Zukunft zeigen. An der Bedeutung des einigen Europas hat die Krise der Gemeinschaftswährung allerdings nichts geändert. Die Menschen brauchen ein starkes Europa, ein demokratisches Europa. Sie wünschen sich ein Europa, das die sozialen Verhältnisse seiner Bürger in den Mittelpunkt stellt, das in Frieden lebt und sich für friedliche Konfliktlösungen in der Welt einsetzt. Ja, und das den Völkern trotzdem nicht das Gefühl nimmt, Herr im eigenen Haus zu sein.


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