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Cottbus wächst: 100000. Einwohnerin der Bezirksstadt geboren

Im Spätsommer des Jahres 1976 vergnügten sich die Niederlausitzer auf dem 2. Cottbuser Sommermarkt. Für Überraschungen sorgte dort die Arbeitsgemeinschaft Indianistik.
Geburt der 100.000. Cottbuserin Manuela M., Oberbürgermeister Erhard Müller gratuliert. Foto: Erich Schutt

Geburt der 100.000. Cottbuserin Manuela M., Oberbürgermeister Erhard Müller gratuliert. Foto: Erich Schutt

Andere Neuigkeiten: Die Ausstattung der ABC-Schützen mit weißen Käppis war abgeschlossen und in Sachsendorf nahm die zweite Oberschule den Betrieb auf. Kindergärten, Schulen und Verwaltung bereiteten sich auf die Aufnahme und Integration von politischen Flüchtlingen aus Chile und Uruguay vor. Das wichtigste Cottbuser Ereignis spielte sich jedoch im Bezirkskrankenhaus ab. Dort wurde am 4. September Manuela M. geboren. Die Lausitzer Rundschau berichtete: „Seit dem Wochenende ist Cottbus die 15. Großstadt der DDR. Als hunderttausendster Bürger der Bezirksstadt des Lausitzer Energiezentrums wurde am Sonnabend kurz vor Mitternacht, um 23.35 Uhr, die kleine Manuela geboren …“ Erster Gratulant war Oberbürgermeister Erhard Müller, der Glückwünsche und Geschenke überbrachte. „Edmund, wie hast Du das gedreht?“ fragten die Kollegen im Tagebau Jänschwalde den stolzen Papa bei der Gratulationscour. Und der OB versprach auf der Stadtverordnetenversammlung „Die jüngste Großstadt der Republik erfüllt in Ehren die Aufgaben des IX. Parteitages!“ Natürlich hatte man sich auf das Ereignis vorbereitet. Im Foyer der Stadthalle präsentierte die Ausstellung „Cottbus ist Großstadt“ die Stationen der Entwicklung von der Bronzezeit bis zum Zentrum der Kohle- und Energiewirtschaft. Die Einwohnerentwicklung ging dann in den nächsten Jahren zügig weiter. Durch die Ansiedlung von Arbeitskräften und durch hohe Geburtenzahlen stieg die Cottbuser Bevölkerung bis 1989 auf 128.943. Dann gab es einen demografischen Knick. Ursachen waren in erster Linie der Arbeitsplatzabbau und die Deindustrialisierung nach der Wende, aber auch der vermehrte Eigenheimbau in den ländlichen Randgebieten. Die aktuelle Cottbuser Einwohnerzahl betrug im August 2016 genau 99747. Das täuscht etwas über den wirklichen Einwohnerverlust hinweg, wurden doch Ortsteile mit zirka 15.000 Einwohnern eingemeindet. Allerdings ist in den letzten Jahren wieder ein kleines Anwachsen zu beobachten. Anders als in anderen vergleichbaren Oststädten hat sich die Einwohnerzahl stabilisiert. Diese Entwicklung ist nichts Ungewöhnliches. Wer sich mit der Geschichte der Stadt allgemein und der Cottbuser Geschichte im Besonderen beschäftigt, wird solche Perioden heftigen Wachstums und auch des Bevölkerungsrückgangs häufig feststellen. Vor etwa 5.000 Jahren begann eine neue Periode der Menschheitsgeschichte. Bauern erarbeiteten einen Überschuss an Nahrungsgütern, von denen sich eine zunächst kleine Schicht von Spezialisten, Handwerkern, Händlern und Priestern, ernähren konnte. Aus einigen Dörfern wurden Städte. Von dort kamen dann die Schrift, die Verwaltung und die Wissenschaft. Das war der Beginn der Zivilisation. Seitdem sind die Städte die Zentren der Entwicklung. Stets wechselten Zeiten des raschen Wachstums, Perioden der ruhigen Entwicklung oder gar des Niedergangs einander ab. Das war in der 860-jährigen Geschichte von Cottbus nicht anders. Frühe verlässliche Hinweise auf die Cottbuser Einwohnerzahl erhalten wir von Johann Friedrich Beuch. „Die sämtl. Einwohner, welche unter des Magistrats Jurisdiction stehen, … betragen zurzeit insgesamt 3759 Personen...“ schreibt der Stadtphysikus 1740 in seinem Urbarium. Er erinnert aber auch daran, dass es durch Krieg und Pest immer wieder Verluste von bis zu 2.000 Einwohnern, also mehr als der Hälfte gegeben hat. Ab der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts veröffentlichte der Cottbuser Anzeiger regelmäßig die Einwohnerzahlen. Im Jahrzehnt des Eisenbahnbaus verdoppeln sie sich, von 1864 mit 11513 bis 1876 auf 22642. Im I. Weltkrieg findet die rasante Entwicklung ihr vorläufiges Ende. Die Bevölkerung verkleinert sich von 50.000 auf 46.000. Die Jahre nach dem II. Weltkrieg sind dann durch zwei Wachstumsschübe gekennzeichnet. Nach 1945 fanden Tausende Menschen aus den ehemaligen deutschen Ostgebieten hier eine neue Heimat. Und ab 1952 wird Cottbus Bezirksstadt und Zentrum einer neuen Industrieregion. Zwischen 1955 (64.000) und 1989 (128.000) verdoppelt sich die Einwohnerzahl erneut. Unser Foto zeigt Oberbürgermeister Erhard Müller bei der Begrüßung der 100.000. Cottbuser Bürgerin. Wer sich die Entwicklung der Zahlen in den letzten fünf Jahren genau ansieht und unsere Stadt und ihre Zukunft optimistisch sieht, stellt fest, dass der Bevölkerungsrückgang gestoppt ist. Ein ähnliches Foto mit einem erneuten hunderttausendsten Einwohner, begrüßt von Oberbürgermeister Holger Kelch, ist durchaus möglich.


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