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Carola Pönisch

Lockdown light: Trifft es die Richtigen?

Das gesellschaftliche Leben ist coronabedingt erneut teilweise zum Erliegen gekommen. Doch »Lockdown light« oder »Wellenbrecher«-Entscheidung treffen dieses Mal auf sehr viel Kritik. Denn es trifft jene, die nachweislich nicht die Hotspots der Pandemie sind.
Mit der Aktion

Mit der Aktion "Leere Stühle" machte die Gastrobranche bereits im Frühjahr auf ihre Situation aufmerksam. Nun stehen Tische und Stühle erneut leer da. Foto: Wolf

Man kann es Ironie nennen, aber genau einen Tag, nachdem die Bundesregierung das neue »Lockdown light« verkündet hatte, kamen die Ergebnisse der Leipziger Studie »Restart-19« auf den Tisch. Es geht dabei um das Covid-19-Übertragungsrisiko bei Sport- und Kultur-Großveranstaltungen in geschlossenen Räumen und das, was in dieser Studie steht, passt so gar nicht zum neu verordneten Stillstand. 
Denn Indoor-Großveranstaltungen sind durchaus möglich – mit guten Belüftungs- und umfassenden Hygienekonzepten, reduzierter Zuschauerzahl sowie Sitzplatz- und Maskenpflicht. Bei Inzidenzwerten kleiner als 50 sei eine Auslastung bis 50 Prozent machbar, die Sitzplanung sollte im Schachbrett-Muster-System erfolgen. Bei Inzidenzwerten über 50 sei bei 1,5 Metern Abstand immer noch eine Auslastung bis 25 Prozent machbar, ist in der Studie zu lesen. Zur Erinnerung: Sänger Tim Benzko hatte im August in der Arena in Leipzig gesungen, dabei wurden riesige Datenmengen erhoben, über Contact-Tracer fand eine Messung der Kontakte statt und mittels einer Computersimulation wurde im Nachgang eine Aerosol-Simulation erstellt.
Nur leider: Die Studie wird aktuell nichts nützen. Denn es gibt weder Kultur- noch Sportveranstaltungen (zumindest nicht mit Zuschauern), keinen innerdeutschen Tourismus, keine Feiern und keine Gastronomie.
Gastronomie, Kultur, Sport - Sündenböcke?
 Wie reagieren die betroffenen Branchen auf den »Lockdown light«? Axel Klein, Chef der Dehoga Sachsen, spricht von Sündenbock, zu dem die Gastronomie gemacht wird mit der erneuten Schließung.  Rund 9.500 Betriebe gibt es im Freistaat, viele kämpfen jetzt echt ums Überleben. Die finanziellen Hilfen, die es bereits ab März gab, seien mit hohen bürokratischen Hürden verbunden gewesen.  »60 Prozent der Betriebe fürchten um ihre Existenz. Die Branche ist unverschuldet in diese Notlage geraten und ist so dringend wie nachvollziehbar auf wirksame Unterstützung angewiesen. Wir fordern die Politik auf, Maßnahmen zur Existenzsicherung schnellstmöglich auf den Weg zu bringen.«
Auch die Tourismusbranche fordert dringend schnelle und unbürokratische Unterstützungen für die Beherbergungsbetriebe. »Der sächsische Tourismus verzeichnete von März bis Juli  Verluste beim Bruttoumsatz in Höhe von 2,35 Milliarden Euro«, heißt es vom Landestourismusverband. Liquiditäts- und Überbrückungshilfen hätten das nur teilweise kompensiert und nun werde das positive Ergebnis des Sommers auch wieder hinfällig. »Bei allem Verständnis  ist es nicht akzeptabel, dass ganze Branchen in Gruppenhaftung genommen werden. Die Gastronomie und Hotellerie gehören auch nach Aussagen des Robert-Koch-Institutes nicht zu den Beschleunigern der Pandemie.« 
Als »Katastrophe für den sächsischen Vereinssport« sieht der Landessportbund Sachsen (LSB) die neuen Entscheidungen. »Wir haben wenig Verständnis dafür, dass dem organisierten Sport in Sachsen nun erneut die Grundlage entzogen wird. Seit Monaten wird in unseren Vereinen und Verbänden sehr diszipliniert mit Hygienekonzepten, Abstandsregeln und Kontakterfassung gearbeitet«, so LSB-Generalsekretär Christian Dahms. »Der sächsische Breiten- und Freizeitsport ist nicht als Hotspot aufgefallen«. 
Und die Kunst- und Kulturszene? Ist erneut verstummt, obwohl sie nach Lockdown I ohnehin nur mit halber bis drittel Kraft fahren durfte. Ein Lockdown II wird in dieser Branche wahrscheinlich viele Opfer kosten.


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