Roberto Rink

Gegenwind in Stolpen

Stolpen. Im Stolpener Land sollen mehrere große Windkraftanlagen gebaut werden. Dagegen regt sich Widerstand.

Hunderte Bürger protestierten am 22. Oktober auf dem Marktplatz von Stolpen gegen den Bau von neuen Windkraftwerken im Stolpener Land.

Hunderte Bürger protestierten am 22. Oktober auf dem Marktplatz von Stolpen gegen den Bau von neuen Windkraftwerken im Stolpener Land.

Bild: Marko Förster

Am 22. Oktober fanden sich über 200 Bürger auf dem Marktplatz von Stolpen zusammen, um gegen mehrere geplante Windräder zu demonstrieren. Anlass war eine Stadtratssitzung, auf der über das »Repowering« der Windparks Rennersdorf und Langenwolmsdorf informiert werden sollte. Unter »Repowering« versteht man den Ersatzneubau von Windenergieanlagen (WEA) in der Nähe vorhandener, oft 15 -20 Jahre alter WEA, mit der Verpflichtung, diese Altanlagen vollständig zurückzubauen.

In der Stadtratssitzung stellten Matthias Neubauer als Projektleiter Windendergie und Thorsten Schneider von der Firma »Vento Ludens GmbH & Co. KG« das Projekt vor, welches drei große Windkraftanlagen in Rennersorf-Neudörfel und ein Windrad in Langenwolmsdorf vorsieht. »In unseren Projekten legen wir einen hohen Stellenwert auf ein gutes Auskommen mit Anwohnern und Gemeinden. Daher sind wir gerne der Bitte des Bürgermeisters nachgekommen, an der Stadtratssitzung zur Information des Repowering der beiden Windenergiestandorte Rennersdorf und Langenwolmsdorf teilzunehmen«, sagt Matthias Neubauer. In Rennersdorf sollen die vier kleinen und über 20 Jahre alten Windkrafträder von 100 Metern Höhe durch drei rund 250 Meter hohe Windenergieanlagen ersetzt werden.

Missachtung geforderter Mindestabstände

Das Prekäre daran ist die geringe Entfernung zur nächsten Wohnbebauung von nur 770 Metern. Auch der Bürgermeister von Stolpen, Maik Hirdina, zeigte sich überrascht: »Wir hatten bei der Regionalplanung einen Mindestabstand von 2.000 Metern von einer Windkraftanlage zur nächstgelegenen Wohnbebauung gefordert. Es ist nicht in unserem Interesse, dass in diese geforderte Schutzzone für die Menschen eingegriffen wird.« Eine im Nachbarbundesland Bayern angewandte 10H-Regelung sieht vor, dass der Abstand zur Wohnbebauung mindestens das zehnfache der Höhe der Windräder haben muss.

Auch aus den Reihen der Bürger sind kritische Fragen zum Projekt gestellt worden. Dabei ging es um die Themen Lärm, Umweltbelastung, Kosten (rund 11 Millionen Euro pro Anlage), Grundlastbedarf und gesundheitsschädliche Materialien, wie Mikrofaser-Abrieb. Ein weiterer Kritikpunkt ist die drohende Beeinträchtigung der Kulturlandschaft. So würde die markante Silhouette des Basaltkegels mit der Burg Stolpen gestört werden. »Diese optisch bedrängende Wirkung der neu geplanten Windräder in unserer Kulturlandschaft ist enorm«, kritisiert Hirdina.

Die Bürgerinitiative »Rennersdorfer Gegenwind« kämpft seit vielen Jahren gegen den Bau von riesigen Windkraftanlagen im Stolpener Land. Ihr Vorsitzender, Sven Noack, wohnt mit seiner Familie selbst in unmittelbarer Nähe der Windkraftanlagen. Neben der hohen Lärmbelastung – die Rotorblätter erzeugen bei entsprechender Windstärke laute Schlaggeräusche, welche die Nachtruhe mitunter erheblich stören – hegt er Kritik an der gesamten Verfahrensweise um den geplanten Windpark. Der nach siebenjähriger Erarbeitungszeit im Jahr 2020 in Kraft getretene Regionalplan sieht für das beplante Gebiet keinen Neubau von Windkraftwerken vor. Doch ist der Teil Wind des Regionalplans im Jahr 2023 per Gerichtsurteil außer Kraft gesetzt worden. »Dadurch kann jetzt das privilegierte Bauen von Windkraftanlagen im Außenbereich angewendet werden und das nutzt das Windkraftunternehmen aus, um hier Tatsachen zu schaffen«, sagt Noack.

Vento Ludens sieht die Kritik allerdings anders: »Die Stadtratssitzung wurde von den üblichen – und wissenschaftlich widerlegten – Fragestellungen gegen Windenergie überlagert, sodass den positiven Fakten der Windenergienutzung kein Raum gegeben werden konnte.«


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