Schwester Gabriela Hesse/kun

Oack ne jechn

Lausitz. Ein Kommentar von Schwester Gabriela Hesse, Äbtissin des Klosters St. Marienstern, Panschwitz-Kuckau.

Schwester Gabriela Hesse ist Äbtissin des Klosters St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau.

Schwester Gabriela Hesse ist Äbtissin des Klosters St. Marienstern in Panschwitz-Kuckau.

Bild: Jürgen Matschie

»Oack ne jechn, schiene langsam« – das ist ein gängiges Schlagwort in meinem Elternhaus. Meine Eltern sind in Nordböhmen geboren, im Schluckenauer Zipfel. Nach der Vertreibung aus ihrer Heimat hat es sie ins Havelland verschlagen, wo sie sich kennen- und lieben lernten.

Zu Hause wurde viel im Dialekt gesprochen. Ich kann alles verstehen, jedoch sprechen kann ich es nicht. Da ist mir das Berliner-Brandenburgische doch geläufiger.

Aber dieser Satz ist einfach zu herrlich! Oack ne jechen, schiene langsam. Das war so etwas wie ein Stresskiller. Oft verfehlte er seine Wirkung nicht. Ganz ehrlich, ich mag das Wort Stress überhaupt nicht. Ja, ich versuche sogar, es aus meinem Wortschatz rauszuhalten. Im Wahrig-Wörterbuch, in dem es um die Bedeutung von Worten geht, wird Stress so beschrieben: Stress – Belastung, der der Körper durch zu lang dauernde oder ihm unangenehme Reize und schädigende Einflüsse erhält. Aha!

Das lateinische Wort dazu heißt strictus – klingt fast wie im Deutschen - eng angezogen, straff. Das Verb dazu ist stringere – schnüren, zusammenbinden, beschränken. Und genauso fühlen wir uns doch oft: Von der vielen Arbeit, den Anforderungen und Belastungen des Alltags total eingeengt, straff zusammengeschnürt. Wir möchten ausbrechen und allen Ballast abwerfen, den wir mit uns herumschleppen. Oft merken wir gar nicht, was da so alles an uns hängt.

Wie wunderbar wäre es, einfach mal in Ruhe gelassen zu werden. Einfach zu sitzen und nichts zu tun. Vorbeiziehende Wolken zu beobachten, spielende Katzenkinder, einen Schmetterling, auf das Zwitschern der Vögel zu hören. Der Fantasie sind da keine Grenzen gesetzt.

Der Sommer und vielleicht der Urlaub bringen uns ungeahnte Möglichkeiten. Ich selbst bin in der glücklichen Lage, mich mehrmals am Tag zurückzunehmen, wenn ich in die Kirche zum Chorgebet gehe. Dabei spüre ich: Ballast, Unruhe und alles Einengende kann ich beim Gebet einfach Gott anvertrauen. Und oft merke ich dabei, das macht mich wieder ruhig. Manchmal kommt mir dann auch der Satz in den Sinn: »Oack ne jechen. Schiene langsam.«

Ich wünsche Ihnen gesegnete Sommertage ohne Stress!

 

»kommentiert:« läuft immer donnerstags, 6.50 und 14.45 Uhr, im LAUSITZWELLE Radio über UKW und DAB+ und als Video auch im LAUSITZWELLE Fernsehen in der Drehscheibe Lausitz. Alle Kommentare sind jederzeit bei www.lausitzwelle.de sowie auf youtube.com/LAUSITZWELLE abrufbar.


Meistgelesen