

Herr Oberbürgermeister, wie würden Sie den aktuellen Zustand Bischofswerdas beschreiben, wo steht die Stadt Bischofswerda?
Mit unserer aktiven Stadtgesellschaft stehen wir nicht, sondern sind in Bewegung und entwickeln die Zukunft. Wir sind derzeit dabei, das Kommunal- und Kulturzentrum Bischofswerda (KKB) zu bauen und erschließen des Industrie- und Gewerbegebiet Nord 2, in das u.a. die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen (LUA) des Freistaates Sachsen ziehen wird.
Welche konkreten Projekte zur Stadtentwicklung oder Infrastruktur stehen in den nächsten Jahren ganz oben auf Ihrer Agenda?
Ganz oben stehen, wie eben schon genannt, das KKB und Nord 2 mit der Ansiedlung der LUA mit etwa 300 Mitarbeitenden und 50 Auszubildenden sowie Firmen im Umfeld. Die Umsetzung weiterer Projekte ist abhängig von der finanziellen Ausstattung. Es darf nicht so weitergehen, dass Kommunen »von oben« immer mehr Pflichtaufgaben bekommen, diese aber nicht oder nur teilweise gegenfinanziert werden. Bund und Land müssen sich schleunigst an das Konnexitätsprinzip halten: wer bestellt, bezahlt.
Viele Städte kämpfen mit Abwanderung und demografischem Wandel. Wie begegnet Bischofswerda dieser Herausforderung?
Wir stellen uns dieser Herausforderung, indem wir für bestehende und zukünftige Firmen interessant bleiben. Aktuell haben wir bei ungefähr 5.500 Arbeitsplätzen rund 4.000 Einpendler, nur rund 2.300 Schiebocker pendeln nach auswärts. Als Stadt schaffen wir insbesondere mit unseren attraktiven Kitas und Schulen sowie einer guten medizinischen Versorgung die Voraussetzungen, dass Einpendler gleich hierbleiben und junge Menschen sich für ein Leben in unserer attraktiven Kleinstadt entscheiden. Dafür sind die neu geschaffenen Wohnbauflächen wichtig. Wir verzeichnen seit einigen Jahren mehr Zuzug als Wegzug. Dadurch ist der Bevölkerungsrückgang, durch die wie in ganz Deutschland und Sachsen zu niedrige Geburtenrate, mit einem Saldo von rund 90 Einwohnern pro Jahr um ein Vielfaches geringer als es uns Statistiker vor mehreren Jahren vorhergesagt haben.
Was tut die Stadt konkret, um junge Familien und Fachkräfte zum Bleiben oder Zuzug zu motivieren?
Wir investieren in unsere Infrastruktur, die sogenannten weichen Standortfaktoren. Umgesetzt wurden zum Beispiel der Neubau des Kita-Zentrums Südstadt mit über 5 Millionen Euro, der Ersatzneubau Grundschule Goldbach mit 4 Millionen Euro oder die Sanierung und der Teilneubau Sporthalle Wesenitzsportpark mit über 7 Millionen Euro.
Wie steht es um die Digitalisierung in der Verwaltung, wo sehen Sie Handlungsbedarf?
Da sind wir auch dran, die Prozesse müssen zwingend digitalisiert und damit effizienter werden. Mit der neuen Homepage, die Ende des Jahres an den Start gehen soll, werden wir eine Verknüpfung mit den Leistungen im Amt24 anbieten. Ich sehe aber da Land und Bund in der Pflicht, einheitliche Lösungen zu entwickeln. Ein Ansatz wäre eine zentrale Bereitstellung von Serverkapazitäten sowie deren Schutz und dann unter anderem eine Open-Source-Office-Softwarelösung auf Linux-Basis und eine einheitliche Verwaltungssoftware.
Bürgerbeteiligung wird oft gefordert, aber selten gelebt. Wie binden Sie die Bürgerinnen und Bürger in politische Entscheidungen ein?
Neben der Einbindung zu konkreten Entwicklungsvorhaben erfolgt dies vor allem durch die sehr aktive Arbeit unserer Stadträte sowie der Ortschaftsräte. Unsere Bürgerinnen und Bürger tragen ihre Ideen und Anfragen sowohl an diese gewählten Vertreter, als auch in zahlreichen Gesprächen direkt an mich als OB heran. Auch unsere Jugend wird eingebunden. So findet jährlich ein Planspiel Kommunalpolitik mit Achtklässlern unserer Oberschule statt. Da wird ein in der fiktiven Stadtratssitzung vorgeschlagenes Projekt mit vereinten Kräften umgesetzt. So konnte zuletzt im Juni nach nicht einmal drei Monaten Bauzeit ein neues, öffentlich zugängliches 3x3-Basketballfeld an der Beethovenstraße eingeweiht und in Betrieb genommen werden.
Wie ist die wirtschaftliche Lage der Stadt? Gibt es neue Ansiedlungen oder Investoren, die für Aufschwung sorgen könnten?
Die finanzielle Lage der Stadt selbst ist angespannt, Ende 2026 werden unsere Rücklagen aufgebraucht sein. Auch wir stöhnen unter Bürokratie und Maßregelung durch immer neue Vorschriften. Bevor diese Hemmnisse nicht beseitigt sind, werden es sich Unternehmer und Investoren trotz vorhandener Absichten und Planungen sehr genau überlegen, ob sie neue Standorte in Deutschland eröffnen. Trotzdem stehen Interessenten für unser Gewerbegebiet Nord 2 in den Startlöchern. Was wir im ganzen Lande brauchen, ist eine neue Aufbruchstimmung. Sachsen könnte und sollte hier Vorreiter sein.
Kultur und Vereinsleben sind für kleinere Städte identitätsstiftend. Wie unterstützt die Stadt lokale Initiativen und Veranstaltungen?
Wir geben pro Jahr mehr als eine halbe Million für freiwillige Leistungen aus, beispielsweise für das Freibad, den Tier- und Kulturpark, die Bibliothek oder die Carl-Lohse-Galerie. Zudem betreiben wir finanzielle Vereinsförderung für Projekte oder in Form von Mietzuschüssen. Mieten für Sportstätten sind im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit auf einem niedrigen Niveau, um den Vereinen ihre wichtige Sozialarbeit mit jungen Menschen zu ermöglichen. Und ab 2027 haben wir wieder den Großen Saal im KKB, der durch Vereine der Stadt für ihre Aktivitäten genutzt werden kann.
Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt überall an Bedeutung. Welche umweltpolitischen Ziele verfolgt Bischofswerda?
Nachhaltigkeit ist nicht nur ein ökologisches Handlungsprinzip, sondern auch ein ökonomisches und soziales. Das Zusammenspiel aller drei Faktoren sorgt für echte Nachhaltigkeit. So wie Deutschland nicht alleine das Weltklima retten wird, so wird Bischofswerda dies nicht allein mit Deutschland schaffen. In der Innenstadt haben wir Ladestationen für Autos und Fahrräder geschaffen, so begleiten wir aktiv die Mobilitätswende. Gleichzeitig kämpfen wir mit Partnern aus Politik und Wirtschaft um die Elektrifizierung der Eisenbahntrassen Dresden-Görlitz und Dresden-Zittau, um den ÖPNV zu stärken.
Zum Abschluss: Was wünschen Sie sich persönlich für die Zukunft Ihrer Stadt?
Dass wir als Stadtgesellschaft immer beieinanderbleiben und den gemeinsam beschrittenen Erfolgsweg mit Freude und mit Begeisterung weitergehen können. Die Energie aus dem Miteinander ist wichtig.
Vielen Dank für das Gespräch.