Rainer Könen

500 PS sorgen für strahlende Kinderaugen

Radeberg. Der Radeberger Verein »WieCar hilft« unterstützt schwerkranke Kinder und Jugendliche mit Renntaxifahrten über den Lausitzring.

Wer einmal in einem Rennwagen gesessen hat, weiß, welche Faszination von einem solchen Gefährt ausgeht. Als der siebenjährige Benno in den 500 PS starken Boliden steigt, leuchten seine Augen. Daniel Wieberneit erklärt ihm die Instrumente, die technischen Details des Wagens. Sein Bruder Theo (9) schaut zu, wirkt zurückhaltend. Wenn er spricht, dann leise, in Halbsätzen. Ihr Junge leide unter einer Entwicklungsstörung, sei sprachlich eingeschränkt, erzählen die Eltern Jens und Beatrice Schott, die an diesem Nachmittag mit ihren drei Jungs, auch den zweijährigen Hugo haben sie mitgebracht, zum in Radeberg-Friedrichsthal gelegenen Hof von Daniel Wieberneit gekommen sind, um von ihren Erlebnissen auf dem Lausitzring zu erzählen. Dorthin hatte sie in diesem Frühjahr Daniel Wieberneit eingeladen. Zu einer Renntaxifahrt mit seinem froschgrün-lackierten V8-Star Lexus Rennwagen. Ein paar Runden mit diesem Gefährt über die rund 3,2 Kilometer lange Lausitzer Rennpiste zu fahren, das habe bei allen, vor allem bei den Kindern, »Glücksgefühle« ausgelöst, so Wieberneit. Der 48-jährige Radeberger ist Unternehmer, Familienvater und passionierter Hobbyrennfahrer und gründete in diesem Jahr »WieCar hilft«. Sinn und Zweck seines Vereines: Schwerkranke Kinder und ihre Familien zu unterstützen. Auch mit Ausflügen zum Lausitzring.

Kontakt über Sonnenstrahl e.V.

Die Arbeit mit kranken Menschen prägt Wieberneits beruflichen Alltag. Gemeinsam mit seiner Frau leitet er seit knapp zehn Jahren den ambulanten Pflegedienst AP Sachsen. Auf ihrem Reiterhof bietet das Ehepaar auch Reittherapien an. Die Kontakte zu Familie Schott bestehen schon geraume Zeit, der junge Theo besuchte die Reittherapie einige Jahre. Dass man Rennwagen auch für soziale Zwecke benutzen kann, dies erfuhr Wieberneit vor einigen Jahren. Andreas Führlich, der Vorsitzende des Dresdner Vereins »Sonnenstrahl«, einem von rund 100 Elternvereinen in Deutschland, die sich um krebskranke Kinder und Jugendliche und deren Familien kümmern, hatte ihm von seiner Idee mit den »Renntaxifahrten« erzählt. Es geht darum, kranken Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit zu geben, einmal in den schnellen Flitzern mitzufahren. Um solche Fahrten refinanzieren zu können, haben auch andere die Gelegenheit, im Renntaxi mitzufahren - für 190 Euro. Durch die Zusammenarbeit des Friedrichsthaler Hofes mit dem Sonnenstrahlverein sowie durch Wieberneits Verbindung zur Nascar-Rennszene (Die Tourenwagenserie Nascar ist besonders in den Vereinigten Staaten beliebt, zieht dort jährlich ein Millionenpublikum an) konnte der Radeberger auch Kontakte zum Verein »Nascar hilft« knüpfen. Dieser unterstützt seit mehr als zehn Jahren krebskranke Kinder und deren Familien, lädt diese zu Renntagen ein. Als Ende vergangenen Jahres ein Nascar-hilft-Mitglied starb, übernahm Wieberneit mit seinem Team dessen Rennauto. Auf den Charityfahrten in diesem Frühjahr habe er »viele berührende Momente« erlebt, so der Radeberger. Er erzählt von einem todkranken Mädchen, das bei ihm mitfuhr und nicht genug vom Rundenfahren bekam. Nachher habe er erfahren, dass es ihr letzter Wunsch gewesen sei, mit einem Rennwagen mitzufahren. Nach dieser Charityveranstaltung habe er sich mehr als einmal die Frage nach dem Warum-ist-man-auf-der-Welt gestellt. Den Sinn des Daseins, seines Daseins hinterfragt. Und für sich die Antwort gefunden: »Es ist wichtig, Menschen, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens stehen, zu helfen.«

Mit Tempo 300 in die Kurve

An diesem Nachmittag wollen die Schott-Brüder noch mal den satten Klang des Rennmotors hören. Wieberneit drückt den Startknopf, wenig später ist die Stille von einem ohrenbetäubenden Röhren durchdrungen. Theo ist begeistert, sein Bruder murmelt, wirkt zufrieden. Auch Vater Jens scheint das zu sein. Er war im Frühjahr mit dabei, war auch in Wieberneits Rennwagen gestiegen. Wie war es? Er verdreht die Augen, »ich habe mich da echt übernommen«. Die Rundfahrt musste er abbrechen. War ihm zu schnell. So ein Nascar-Rennwagen kann schon mit satten 300 Stundenkilometern durch die Steilkurven donnern. Daniel Wieberneit beruhigt aber sofort: »Wir fahren bei den Renntaxifahrten bei weitem nicht so schnell«. Den Beifahrern gehe es ohnedies nicht um hohe Geschwindigkeiten, sondern ums Dabeisein, ums Rennfeeling. In einigen Wochen stehen auf dem Lausitzring die nächsten Charityfahrten an. Wieder mit Daniel Wieberneit. »Ich hoffe, dass sich zahlreiche Familien anmelden«, so der Radeberger, der von tiefer Dankbarkeit spricht, die »uns die Eltern und die kranken Kinder geben«. Aber mit Dankbarkeit alleine lässt sich so ein Nascar-Rennwagen nicht bezahlen. Wartung, Betrieb, Fahrtkosten, all das kostet schließlich Geld. Mit ein Grund, warum er »WieCar hilft« gründete. Um aktiver auf Sponsoren und Gönner zugehen zu können, die mithelfen können, solche Goodwill-Wochenenden auf dem Lausitzring mitzufinanzieren.

Renntaxi-Wochenende im Herbst

Bevor Familie Schott an diesem Nachmittag aufbricht, will man von Theo und Benno wissen, ob sie beim nächsten Renntaxi-Wochenende im Herbst (30. September bis 1. Oktober) erneut dabei sein werden. Fragende Blicke zum Vater. Der nickt. »Ich denke schon«, so der Radeberger. Benno freut sich, Bruder Theo sagt nichts. Aber sein Gesicht strahlt, als Daniel Wieberneit noch mal aufs Gaspedal tritt.

Der Verein »WieCar hilft« sucht Mitglieder (Jahresbeitrag 60 Euro), Sponsoren und Gönner. Interessenten können sich an Daniel Wieberneit, Tel. 0172/ 797 82 68, wenden. Wer den Verein und die von ihm durchgeführten Renntaxifahren unterstützen möchte, kann dies gerne tun. Spendengelder können auf das Konto DE 0285 0950 04795 9161 008 überwiesen werden. Klar: eine Spendenquittung gibt es natürlich auch.


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