

Ein Frauenverführer gilt uns heute als »Casanova«. Den gebürtigen Venezianer auf seine zweifellos reiche Geschichte als Womanizer zu reduzieren, griffe zu kurz. Er war Soldat, Jurist, Geiger, Schriftsteller, Glücksspieler, Diplomat, Finanzberater oder Chemiker. Die katholische Kirche steckte ihn wegen Gotteslästerung in die berüchtigten venezianischen Bleikammern. Nach 15 Monaten gelang ihm die Flucht aus dem Gefängnis im Dogenpalast, was vor ihm niemanden geglückt war. Achtmal insgesamt landete Casanova hinter Gittern, kam immer wieder frei und landete auf den Füßen. Am Mythos des Frauenhelden hatte er selbst gehörigen Anteil, doch seine Nachwelt bauschte die Geschehnisse gehörig auf. Akribisch legt er ins seinen Memoiren 116 Liebespartnerinnen namentlich offen. Nicht wenig, doch würde mancher Rockmusiker heute über die Zahl nur milde lächeln.
Casanovas Beziehung zu Dresden war familiär bedingt: Seine Mutter Giovanna Maria wirkte seit 1738 als Schauspielerin am Dresdner Hoftheater. Sein Bruder Giovanni Battista war als Hofmaler Mitbegründer und Direktor der Dresdner Kunstakademie. Tausendsassa Giacomo Casanova verkehrte in Dresden wie überall nur in den höchsten Kreisen. Bei einem seiner Besuche logierte Casanova im Hotel de Saxe am Neumarkt. 1753 schrieb er einige Stücke für das Dresdner Theater, die hier auch zur Aufführung gelangten. Die Stadt gefiel ihm wohl: »Dresden hatte den glänzendsten Hof, den es damals in Europa gab. Die Künste standen in hoher Blüte.«
Eine gewisse Seelenverwandtschaft verband ihn mit dem berühmten Premierminister Sachsens, den Grafen Brühl. In seinen Memoiren führte Casanova daher aus: »Ich hatte in Dresden häufig Gelegenheit, den König zu sehen; er liebte seinen Minister, den Grafen Brühl, weil sein Günstling das doppelte Geheimnis besaß, noch verschwenderischer zu sein als sein Gebieter und ihm alles zu ermöglichen.«
Für ein Jahressalär von eintausend Dukaten nahm Casanova im September 1785 die Dienste des Grafen Joseph Karl Emanuel von Waldstein als Bibliothekar im Schloss Dux (Duchcov) bei Teplitz an. Dem weltgewandten Mann war das Leben in der böhmischen Provinz sicherlich ein Graus. Nahezu täglich fetzte er sich mit den Bediensteten im Schloss. Immerhin empfing er Johann Wolfgang von Goethe und führte ihn durch die Gemächer. Mehrfach reiste Casanova über das Erzgebirge in das nur 50 Kilometer entfernte Dresden. Während seines Aufenthaltes 1788 wurde hier ein Gemälde von Antonio da Corregio gestohlen. Zu seiner nicht geringen Empörung wurde er angehalten und sein Gepäck durchwühlt.
1790 begann Casanova in Dux seine Lebenserinnerungen, starb hier 1798 an einem Blasenleiden. Ein Gang im Schloss ist ihm zu Ehren mit Bildern von Venedig bestückt.
Für uns Dresdner lohnt ab Juli die Fahrt über den Erzgebirgskamm: Dann können Casanovas sanierte Wohnräume auf Schloss Dux wieder besichtigt werden.