Marilyn-Monroe-Effekt auf dem Burgturm
Der für 475.000 Euro sanierte Turm der Burg Wehlen ist eröffnet. Einwohner und Touristen aus dem In- und Ausland können wieder auf den Turm steigen. Gerade viele Dresdner lieben Wehlen als Ausgangspunkt für ihre Touren in die Sächsische Schweiz. Das alles wurde erst möglich durch die seit 2017 aktive, sieben Mann zählende »Rentnerbrigade« und viele fleißige Helfer im Hintergrund.
Die agilen Burgfreunde um den ehemaligen Bürgermeister Klaus Tittel und Volkmar Gottlöber nahmen sich des heruntergekommenen Burg-Areals an. Immer donnerstags bot man Efeu und Unkraut Paroli, holte verschüttete Steine aus den Gewölben, machte das der aus dem 13. Jahrhundert stammenden Burg wieder begehbar.
Einen Käfig aus dem Stasi-Geld gebaut
Ohne sie wäre dies ebenso wenig gelungen wie durch den überraschenden Geldsegen aus dem ehemaligen DDR-Vermögen der Stasi vor zwei Jahren. Seitdem hat sich viel an dem nun sieben Meter hohen auf die alten Gemäuer aufgesetzten Turm getan. Alles hätte gut sein können.
Doch schon lange erhitzt das neue, in diese Gegend wohl kaum passende Aussehen des Bauwerkes die Gemüter – und nicht nur die der Bürgerschaft. Nur wenige halten den ein wenig futuristisch misslungenen Aussichtsturm für ein gutes Wahrzeichen der 2.200-Einwohner-Stadt. Auch eine Umfrage dieser Tage unter Wehlenern und Dresdnern bestätigt dies.
Hier hat das Denkmalamt wohl an der falschen Stelle auf eine sinnvolle Änderung der Pläne eines Pirnaer Architektenbüros beharrt. Warum wurden hier die Wehlener nicht einbezogen? Warum wurden die Wünsche der Burg-Freunde nach einer nicht durchlöcherten Zwischendecke unter der Aussichtsplattform und der Außenhaut nicht gehört? Wind und Wetter sind einer Ausstellung zur Historie nun abträglich.
Ebenso könnte der Marilyn-Monroe-Effekt für auf der Plattform stehenden Besucherinnen peinlich werden. Gerade ohne die bisherigen Macher wäre doch ein Turmerweiterungsbau gar nicht diskutabel und machbar gewesen! Wohl auch aus diesen Gründen ist der größte Teil von ihnen der Eröffnung ferngeblieben. Aber vielleicht wird dieser für viele verlorene, nicht nötige Streit erst recht die Besucher anlocken.
Denn gerade so etwas ist ja für manchen erst von Interesse. Und wer will nicht schon mal eine »Trafostation« oder einen »Fremdkörper« in solcher Höhe gesehen oder gar per Handy für die Nachwelt dokumentiert haben. Auch schlimmere Bezeichnungen kursieren im Wehlstättel.
Tipp: mit Kletter-Rosen beranken
Selbst Tom Hanks hätte es beim Dreh einiger Filmsequenzen zu »Cloud Atlas«, der in Vergangenheit und Zukunft spielt, verwundert, was hier zu erblicken ist.
Doch wie sagte eine Einwohnerin, die selbst gern Burgen in ganz Europa bereist: So etwas hat sie noch nicht gesehen – und das Ganze ist schlichtweg ein Novum. Aber sie hatte auch gleich einen Tipp: Kletterrosen wären vielleicht für die Anpassung des Kastens an die Umgebung das Richtige. Na, und vielleicht versucht dann – wie im Märchen – ein edler Ritter, den Turm der einst drittältesten Burg Sachsens und nunmehr wieder Landmarke, zu bezwingen. Nicht des Burgfräuleins wegen, sondern um den unbestritten herrlichen Blick von da ins Elbtal und die Weiten der Sächsischen Schweiz zu genießen. Das wäre märchenhaft und auch schön.
Zunächst ist in der Realität erst einmal Folgendes super: Der größte Teil der Burg-Freunde will weiterhin ehrenamtlich donnerstags bei der im Winde flatternden Fahnenstange bleiben. Denn weiterhin gilt es, dem Unkraut und anderen Dingen den »Kampf« anzusagen. Obwohl die Schlacht um das mittelalterliche Aussehen des Turmes verloren ging.

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