

„Sagen Sie bitte nicht, dass Ihnen das nicht passieren kann“, stellt Ronald Börner klar und erntet energisches Kopfschütteln. „Die sind ja blöd“, schallt es ihm entgegen. Er steht an diesem Nachmittag vor den Bewohnern eines Seniorenheimes in Radebeul. Die Reaktionen kommen ihm allzu bekannt vor. Enkeltrick? Alter Hut! Passiert mir nicht. Kennt doch jeder!
Börner? Das klingelt was!
Ronald Börner hat vor über 20 Jahren den grünen Dinosaurier „Poldi“ erfunden und ist auch in seinem Ruhestand immer noch auf Präventionsmission – nicht nur in Kindergärten, neuerdings eben auch in Altenheimen. Er kann nicht anders. Musizieren, Malen und Bonsais pflegen war dann doch zu eintönig. „Mir fehlte der Input“, lacht der Polizeirentner. Dass eine ältere Dame den Wohnungsschlüssel unbeaufsichtigt auf dem Rollator draußen hat liegen lassen, ist ihm aufgefallen – natürlich. Nach 30 Jahren in der Polizei-Prävention ist das eben so.
Profis
Die Antwort auf seine These vom Anfang erklärt der ehemalige Beamte auch. „Die Betrüger sind absolute Profis in dem, was sie tun“, sagt er. Eine angenehme Stimme, die zuhört, Vertrauen aufbaut und eben absolut plausibel ihr Anliegen formuliert. „Unfall im Ausland, Auto kaputt, drohendes Gefängnis oder eine wichtige Operation – es wird eine Situation erzeugt mit nur einem Ausweg – Geld, Ihrem Geld“, sagt Börner. Weil man ja persönlich in der Bredouille steckt, wird jemand vorbei geschickt, ein guter Freund zum Beispiel. „Legen Sie einfach auf und informieren Sie im Zweifelsfall die Polizei“, empfiehlt Börner.
Im Telefonbuch gefunden
Ältere Menschen seien nicht häufiger Opfer von kriminellen Machenschaften als andere Bevölkerungsgruppen, dafür aber von speziellen Maschen, meint der 62-Jährige. „Wenn im Telefonbuch von Hildegard zu lesen ist, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie 60 Jahre oder älter ist“, sagt er. Im letzten Sommer machte der Fall einer Radebeulerin Schlagzeilen, die 200.000 Euro und mehre Kilo Gold an Betrüger verloren hatte. „Diese hatten sich als Polizeibeamte ausgegeben und der älteren Dame erzählt, dass man eine Diebesbande festgenommen habe, wobei Unterlagen über eben jene Senioren gefunden worden seien“, erzählt Börner. Über mehrere Wochen hielt man Kontakt zu der Seniorin. Das Spiel wurde so weit getrieben, dass die Frau am Ende weder der richtigen Polizei noch den Mitarbeitern der Bank vertraute, ihr Geld abholte und einer Kurierfahrerin übergab. Besonders tragisch: In der Familie der Frau gab es einen echten Polizeibeamten, der davon lange Zeit nichts erfuhr. „Generell muss man festhalten, dass die Polizei niemals an Ihr Erspartes will“, sagt Börner. Auch bei Anrufen zu Gewinnspielen sollte man misstrauisch werden, erst recht wenn der Gewinn mit einer Bearbeitungsgebühr verbunden ist. Auf diese Art wurde kürzlich eine 77-Jährige zwölf Mal 2.400 Euro los.
Niemals reinlassen
„An der Wohnungstür ist Schluss“, sagt Börner und erzählt von einem Klassiker, dem Zetteltrick. Jemand klingelt und ist ursprünglich auf der Suche nach dem Nachbarn. Da dieser nicht zu Hause ist, wolle man ihm eine Nachricht hinterlassen. Es wird um Zettel und Stift gebeten und mit in die Küche gefolgt. Weil die Wohnungstür offen gelassen wurde, räumen Komplizen heimlich die Bude leer. Manchmal funktioniert jedoch schon eine simple Ausrede. In Weixdorf hatte zum Beispiel ein junger Mann Handy und Portmonee verloren. Sein Bewerbungsgespräch drohte zu platzen. Die Bewohner eines Mehrfamilienhauses halfen ihm aus, gleich drei Mal mit jeweils 16,50 Euro für die Fahrkarte.
Es geht an diesem Nachmittag noch um Kaffeefahrten und Senioren mit sechs Handyverträgen. Als das Gespräch auf den Ring-Trick fällt, meldet sich eine Zuhörerin. „Das ist mir schon passiert“, sagt sie. Allerdings sei sie nur wenige Euros losgeworden. Glück gehabt...