Birgit Branczeisz

Imker landet den nächsten Clou - die Honigzapfe

Coswig. Im Vorwerk Podemus gibt es neben der Milchtankstelle jetzt auch frisch gezapften Rohhonig.



Rico Heinzig und Bernhard Probst füllen frischen Kulturpalast-Honig aus Dresden nach.

Rico Heinzig und Bernhard Probst füllen frischen Kulturpalast-Honig aus Dresden nach.

Bild: Dirk Sukow

Der Dresdner Imker Rico Heinzig, der durch seinen gewonnenen Prozess gegen Jan Böhmermann bundesweit bekannt wurde, landet den nächsten Clou. Im Vorwerk Podemus in Coswig eröffnet er jetzt die erste Honig-Zapfe Deutschlands – übrigens gleich neben der Milch-Tankstelle. Coswig, ein Ort, in dem Milch und Honig fließen – da könnten noch etliche Orte hinzukommen. Denn die Idee ist so einfach wie genial.

Der Kunde kann sich im Podemus-Markt selbst seinen Lieblingshonig zapfen und im Unterschied zum Gläserregal auch vorher kosten. Entweder das eigene Lieblingsgefäß aus Glas, Keramik oder den Lieblingsbecher mitbringen – wird an der Kasse gewogen – oder ein 250-Gramm-Pfandglas für aus dem Regal nehmen und los geht‘s. 

Rico Heinzig füllt den 50-Kilo- und 35-Kilo-Behälter immer frisch auf und wechselt die Sorten. Der Start erfolgt jetzt mit Dresdner Stadthonig – genauer »Kulturpalast-Honig« – eine Sommertracht vom vergangenen Jahr sowie mit der neusten Ernte vom Meißner Landhonig, der diesjährige Frühlingshonig mit Robinie, Weißdorn, Goldregen und etwas Kornblume. Vom Dresdner Stadthonig gibt‘s noch den vollmundigen Honig vom Wirtschaftsministerium – ob der wohl etwas herber ausfällt?

Rico Heinzig ist selbst Kunde bei Podemus und ist von Kunden im Markt angesprochen worden, ob er Rohhonig habe. »Rohhonig« wird maximal bei 38 Grad erwärmt, also natürlich wie im Bienenstock, und ist nicht aufgerührt – nur bei der Ernte wird der Honig aus den Waben geschleudert. Honig, der kristallin wird, ist also kein Beweis für vermeintlichen Zuckergehalt, sondern ein Zeichen, dass er besonders schonend ohne weiteres Aufschlagen verarbeitet wurde. 

 Der Honig läuft nur durchs Sieb. Das mehrfache Filtern entfällt. Das Wachs würde sonst als Verunreinigung wahrgenommen, obwohl es eigentlich sehr gesund für die Verdauung ist – schließlich kann man auch Wabenhonig pur essen. So bleibt ein Superfood mit allen Enzymen und Nährstoffen erhalten. »Nicht umsonst badete Kleopatra schließlich in Eselsmilch und Honig«, lacht Rico Heinzig. »Es gibt natürlich Menschen, die wollen lieber, dass die Leute in die Apotheke gehen.«

In Konkurrenz stehen Deutschlands Imker aber vor allem zum Supermarkt. 3,99 Euro für 500 Gramm Honig? »Selbst bei einem Stundensatz von zwei, drei Euro ist dieser Preis nicht zu schaffen«, sagt Heinzig, schließlich schlage der Handel seine Spanne ja auch noch einmal auf. Sein frisch gezapfter Rohhonig kostet 2,29 Euro für 100 Gramm.

200 Bienenvölker zwischen Meißen und Dresden – Buckfast sowie Carnica – sorgen für den nötigen Nachschub eines der ältesten Lebensmittel der Welt.

Viele werden sich vielleicht an den Honig-Skandal im letzten Jahr erinnern: 80 Prozent des Honigs  im Einzelhandel kommen teils aus China. Eine umfassende Labor-Untersuchung hatte ergeben, dieser deklarierte »Honig« enthält eine Zuckermelasse, die den Gen-Code der Biene enthält – deshalb ist der Honig bei Kontrollen als Honig durchgegangen.

Heinzigs Fazit ist nüchtern: »Wer für diesen Preis kauft, hat es nicht anders verdient, denn das kann nicht funktionieren.« Die Inhaltsangabe »Mischung aus EU und Nicht-EU-Ländern« sollte hellhörig machen. Schon deshalb, weil in vielen Ländern Spritzmittel erlaubt sind, die verboten sind.

Die Honigzapfe ist so gesehen weit mehr als ein neuer Verkaufsweg – sie ist Ausdruck einer Haltung: Weniger Verpackung, mehr Vertrauen. Mehr Geschmack, weniger Umweg. Und die Möglichkeit, Regionalität mit den eigenen Händen mitzunehmen.

Bernhard Probst hat mit Vorwerk Podemus ein regionales Bio-Konzept mit inzwischen zehn Filialen aufgebaut. Er gilt als Pionier für nachhaltige Vermarktung. »Die Honigzapfe steht für vieles, woran wir glauben: echte Qualität, kurze Wege und sinnvolle Verpackungsalternativen«, so Probst.

 

 

Wusstest du eigentlich...

  ... dass Honig ewig hält? Durch seine niedrige Wasserhaltigkeit und den hohen Zuckeranteil ist es ein unwirtliches Umfeld für Bakterien und andere Mikroorganismen.

 ... dass Bienen 60.000 Mal fliegen müssen, um 1 kg Honig zu produzieren?

 ... dass Honig ein Medikament ist? Honig hat antibakterielle und antifungale Eigenschaften, die ihn zu einem beliebten Mittel gegen Husten, Halsschmerzen und andere Krankheiten machen.

 ... dass es über 300 Honigsorten gibt? Je nach Blütenart, Klima und Region kann der Honig unterschiedliche Aromen, Farben und Konsistenzen haben.

 ... dass die Ägypter Honig als Zahlungsmittel verwendeten? Im alten Ägypten wurde Honig als Wertgegenstand verwendet, um Steuern zu zahlen und Waren zu kaufen.

 


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