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Birgit Branczeisz

Fensterputzen kann doch jeder?

Dresden.  Diese Azubis bei Piepenbrock bereiten sich auf einen einmaligen Schulversuch der TU Dresden vor.

Sebastian Schneider und Louis David Wendler haben gut lachen  - sie sind inzwischen im dritten Lehrjahr und mit ihrer Berufswahl sehr zufrieden.

Sebastian Schneider und Louis David Wendler haben gut lachen - sie sind inzwischen im dritten Lehrjahr und mit ihrer Berufswahl sehr zufrieden.

Bild: Branczeisz

Fensterputzen kann doch jeder? Von wegen. David Karwinski, Georg Herrmann, Sebastian Schneider und Louis David Wendler schmunzeln bloß. Im dritten Lehrjahr bei Piepenbrock wissen sie es besser - und wollen dieses Wissen jetzt auch an Schüler der Universitätsschule Dresden weitergeben. Das bekannte Reinigungsunternehmen wird damit zum weiteren Praxisort in der Landeshauptstadt. Die Universitätsschule ist ein Schulversuch der TU Dresden, der nicht nur auf Zensuren verzichtet, sondern seine Schülerinnen und Schüler ab der 7. Klasse freitags in Betriebe lernen und arbeiten schickt.

Arbeit als reguläre Unterrichtsfach sozusagen und das mitten im wirklichen Alltag. So bekommen Jugendliche beim Freitagspraktikum über mehrere Schuljahre ein Gespür dafür, was sie im Leben wirklich wollen, wo ihre Fähigkeiten liegen, finden sich besser zurecht und brechen Ausbildung oder Studium später viel seltener ab als ihre Altersgenossen, so Maria Neuland Agüero, Kommunikationsmanagerin des Schulversuchs "Universitätsschule Dresden" an der TU Dresden. Auch sie lernt natürlich bei diesem Versuch mit, das ist schließlich der Sinn, zu probieren wie lernen besser gelingt.

Das Praxisjahr der Jugendstufe 7./8. Klasse gibt es das zweite Jahr. Das Jahr ist in Trimester aufgeteilt. Aber der Praxistag findet durchgängig das ganze Jahr statt. 10 bis 15 Unternehmen sind inzwischen dabei, die Stadt Dresden z.B. mit der Staatsoperette und Bibliotheken, die Diakonie und St. Joseph-Stift, Dienstleister wie Piepenbrock, Dachdecker, Fußpflege, die Spedition Emons, die DVB oder das Sachsenwerk. "Die Firmen sind Pioniere für eine vertiefte und sehr frühe Berufsorientierung und das erfordert Mut.", sagt Maria Neuland. Sebastian Hanke, stellvertretende Niederlassungsleiter Piepenbrock in der Cottaer Straße, ist da ganz guter Dinge. Seine Azubis sind schon gut auf den Praxisstart vorbereitet.

Vor einem Jahr waren Sebastian und Louis in der Universitätsschule hospitieren - haben von ihrer Arbeit erzählt und die 7. Klässler kennengelernt. Kein alltäglicher Schritt, denn wer putzt, wird oft nicht wahrgenommen, bewundert schon gar nicht. Dabei ist "putzen" längst nicht nur putzen, sondern Handwerk, das ziemlich viel Kenntnisse über Materialien, die Geräte und Chemikalien verlangt. Dafür arbeiten die Jungs und Mädels an den interessantesten Orten der Stadt. Ob Semperoper, Polizeirevier, Frauenhofer-Institut, Vogtlandmilch, Schulen, Stahlwerk Gröditz, Global Foundries oder Großbaustelle - sie sind diejenigen, die hinter viele Kulissen schauen und ganz genau wissen müssen, was zu tun ist.

Das konnte sich die Jungs aus dem 3. Lehrjahr anfangs so nicht vorstellen. Louis sagt selbst: "Ich bin ziemlich planlos hier reingegangen" und "planvoll wieder raus" ergänzt Sebastian Hanke und lacht. Niederlassungsleiter Mario Mühle ist zufrieden: "Wir sind vorbereitet und erwarten die Schüler!" Drei Gruppen aus dem 1. und 3. Lehrjahr haben sich darauf vorbereitet, zwölf Wochen lang jeden Freitag einen Praktikanten betreuen zu können. Da muss man sich schließlich etwas einfallen lassen.

Und so wird nicht einfach losgeputzt, sondern gebüffelt. Tatsächlich haben die Azubis kleine Tests für jeden Tag entworfen, mit Fragen und Kreuzworträtsel. Zum Beispiel zur Herstellung von Glas: "Nenne drei Bestandteile von Glas!" Und: "Ab wie viel Grad Celsius setzt das Schmelzen ein?", heißt es da. Die Schüler sollen sich auf das Thema einlassen. Klar sind die Besuche beim Kunden sicher spannender, aber mit Wischeimer und Mopp ist es eben nicht getan. Apropos. Die Piepenbrocker putzen ja nicht nur. Von Grünpflege, über Elektriker und Hausmeister gibt es hier alles. In Dresden sorgen 600 und 800 Mitarbeiter - je nach Betriebsteile samt Elektriker und Hausmeister - für den Firmen-Slogan "Der Freistaat bleibt sauber!"

 


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