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André Schramm

Felsenkeller: Sternstunde im Stollen

Wissenschaftler der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrum Dresden-Rossendorf (HZDR) richten derzeit im Plauenschen Grund eine neue Experimentierstätte ein. 50 Meter tief im Felsen wird künftig untersucht, welche Prozesse in Sternen ablaufen. Das Herzstück, der Teilchenbeschleuniger, ist schon eingezogen.
Hier wird der Teilchenbeschleuniger angeliefert. Foto: Schramm

Hier wird der Teilchenbeschleuniger angeliefert. Foto: Schramm

Beim Stichwort „Teilchenbeschleuniger“ klingelt was. Cern, Schweiz, schwarze Löcher usw.. Die Dresdner Variante, die heute Morgen über dem Felsenkeller-Areal schwebte, ist deutlich kleiner und hat auch einen anderen Zweck. „Anders als in Cern geht es hier nicht darum, Stadien mit höchstmöglicher Energie zu erreichen. Wir wollen vielmehr Prozesse, die in Sternen ablaufen, besser verstehen“, sagt Projektleiter Dr. Daniel Bemmerer (HZDR). Der Teilchenbeschleuniger selbst konnte in England kostengünstig von einer Pharmafirma erworben werden und soll voraussichtlich ab Dezember in den Probebetrieb gehen. In seinem Inneren befindet sich ein Vakuumrohr, um das Ringe mit unterschiedlicher Spannung verlaufen. Darüber wollen die Physiker Teilchen, wie Protonen oder Helium-Ionen, zu Geschwindigkeiten wie im Innern von Sternen treiben.  „Sterne gewinnen Energie, indem sie in ihrem Inneren Atomkerne verschmelzen“, so Dr. Bemmerer weiter. Dass die Anlage ausgerechnet im ehemaligen Eislager der Felsenkeller-Brauerei errichtet wird, ist kein Zufall. 45 Meter Gestein liegen über dem Stollen, rund 50 Meter sind es bis zum Ausgang – ein natürliches Schild gegen die kosmische Höhenstrahlung. „Für die sensiblen Messungen ist die natürliche Strahlung ein Problem“, meint Bemmerer mit Blick auf die oberirdischen Beschleuniger im Forschungszentrum Rossendorf. Selbst die Strahlung eines Menschen, der sich in der Nähe befindet, verfälsche schon die Ergebnisse. Ganz reichen wird die natürliche Felsbarriere deshalb nicht. In den kommenden Monaten soll der sieben Meter lange Tank noch eingehaust werden. Wissenschaftler und Studenten freuen sich schon auf die neuen Labore. Bemmerer sieht darin einen erheblich Zugewinn für alle, die sich in unseren Breiten mit der Astrophysik beschäftigen. Eine vergleichbare Anlage gibt es weltweit nur noch in L‘Aquila (Italien).  
Nebenbei dürften die Experimente auch Erkenntnisse liefern über Testverfahren bei geringen Strahlendosen, beispielsweise im Wasser oder in elektrischen Geräten. Die Investitionskosten belaufen sich auf mehrere Millionen Euro. Zum Richtfest im Juni wird Nobelpreisträger Prof. Arthur B. McDonald erwartet.
     


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