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Es war ein Kampf an vielen Fronten

Dresden. Das Interview der Woche mit Ex-Dynamo-Präsident Wolf-Rüdiger Ziegenbalg.
Wolf-Rüdiger Ziegenbalg

Wolf-Rüdiger Ziegenbalg

Bild: Privat

Am 1. Juni 1990 wurde Wolf-Rüdiger Ziegenbalg zum ersten Präsidenten des 1. FC Dynamo Dresden e.V., dem Rechtsnachfolger der SGD, gewählt. Wie kam es damals zu Ihrer Wahl?

Die bei der Gründungsversammlung mit 125 Leuten vorgesehene Person fiel kurzfristig aus, so kam ich wie die Jungfrau zum Kind zu diesem Posten. Seit 1980 kümmerte ich mich mit meiner Vertragswerkstatt um die Videotechnik der SGD und auch um die in den Ikarus-Bussen anderer Vereine. Dann habe ich mit Gert »Zimmi« Zimmermann die Stadion-Shows entwickelt und das Abschiedsspiel für Reinhard Häfner organisiert – so etwas war ja in der DDR eigentlich verboten.

 

Woran erinnern Sie sich besonders, wenn Sie an die Zeit Ihrer Präsidentschaft denken?

Dass wir verdammt allein dastanden, als es darum ging, den Verein auf die neuen Gegebenheiten einzustellen. Ich musste den aufgeblähten Mitarbeiterstamm – die meisten begrüßten mich übrigens mit »Guten Morgen, Genosse Ziegenbalg«, obwohl ich nie in der Partei war – von 85 auf 20 reduzieren. Die Eltern der Nachwuchsspieler bekamen lukrative Arbeitsstellen im Westen angeboten – wir hatten quasi über Nacht keine A-Jugend mehr. Helmut Schulte wollte unseren besten Stürmer Torsten Gütschow wegen seiner Stasi-Vergangenheit nicht mehr spielen lassen. Es war ein Kampf an vielen Fronten.

 

Warum sind Sie am 31. Dezember 1992 zurückgetreten?

Ich wurde von Rolf-Jürgen Otto und Co. erpresst. Ich würde bei einer Pleite des Vereins meine privat eigesetzten Mittel in Form von Bürgschaften verlieren. Otto würde den Verein retten – aber nur, wenn ich Platz mache. Im Nachhinein war der Rücktritt ein Fehler.

 

Mit Ihnen gab es den Bundesliga-Aufstieg – glauben Sie an ein Dynamo-Comeback ganz oben?

Erst einmal müssen wir uns in der 2. Liga etablieren. Die wurde uns im Frühjahr auf dem Silbertablett serviert, wir haben nicht zugegriffen. In dieser Saison ist der Aufstieg Pflicht.

 

Bringen Sie sich als der Mann mit der Mitgliedsnummer 1 noch heute in den Verein ein?

Ja, ich halte mit meiner Meinung nicht hinterm Berg, nicht nur auf den Versammlungen. Ich wurde in die Arbeitsgruppe Satzung berufen und arbeite dort langfristig mit, um meine Erfahrungen einzubringen. Eine Korrektur und Verbesserung bzw. Verschlankung ist dringend notwendig.


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