Seitenlogo
Birgit Branczeisz

Endlich wieder richtig Ostern

Dresden. Mit "Ostern im Jägerhof" kehrt das Leben kraftvoll ins Museum für Sächsische Volkskunst zurück.

"Das sieht aus wie gemalt", staunen Besucher. Jeder einzelne Faden ist kunstvoll aufs Ei geklebt - bis sich ein Bild ergibt. Ingeborg Geißler hat die Fadengrafik aufs Osterei gebracht. In der Schau "Ostern im Jägerhof" bis zum 24. April sind die Miniaturen der leider vor zwei Jahren verstorbenen Dresdner Künstlerin zu sehen. 139 dieser Faden-Eier besitzt das Museum für Sächsische Volkskunst - derzeit wird der Nachlass der Designerin aufgearbeitet. Bekannt ist die Dresdnerin allerdings wegen einer ganz anderen Arbeit. Ingeborg Geißler hat den textilen Aufnäher "Schwerter zu Pflugscharen" gestaltet und damit ein Stück Zeitgeschichte. Mit der textilen Version umgingen die Initiatoren der christlichen DDR-Opposition die sonst fällige Druckgenehmigung.

 

Ukrainischer Osterschmuck

 

Elke Birninger, die Direktionsassistentin im Museum für Sächsische Volkskunst macht auf die erste Vitrine der Schau aufmerksam: ukrainischer Osterschmuck mit ikonischen und Volksmotiven. Der Krieg, auch das ist "Zeitgeschichte", auf die die Veranstalter reagiert haben, indem noch einmal in ihrem Fundus nachschauten. "Pysanka" heißen die farbenfrohen Eier-Werke. Das Wort kommt von "schreiben", weil die Muster mit Bienenwachs aufs Ei geschrieben werden, sie werden nicht bemalt. Sie wurden auch stets roh verziert, um die Lebenskraft zu erhalten - in der Ostermesse geweiht und als Glücksbringer verschenkt. Elke Birninger stockt die Stimme. Wie es den Ukrainerinnen ergangen ist, die diese Glücksbringer angefertigt haben, weiß sie nicht.

 

Ostern in verschiedenen Regionen und Religionen

 

Die Osterschau spannt dieses Jahr einen bemerkenswerten Bogen zwischen den Religionen: Der Beginn des Fastenmonats Ramadan, das Pessach-Fest und Ostern mit der Auferstehung Christi liegen zeitlich so eng beieinander wie selten. Auch das Grund, mit einer Videoinstallation im Foyer einen weiteren Akzent zu setzen. Zu sehen ist der Amerikaner Jimmie Durham abwechselnd auf zwei Bildschirmen: Auf einem singt der jüdische Kinderlieder, die er nie vergessen wollte. Auf der anderen, Kinderlieder, die er gern vergessen hätte. Der Klang der Melodie, der Worte zieht die Besucher magisch in die Osterzeit hinein. Dazu gibt es eine Postkartenaktion. Lassen Sie sich überraschen!

 

Überraschend ist der Blick in jede Vitrine, zu jedem Osterstrauß. Die lebenskräftigen Ostereier der Bukowina ebenso, wie filigrane Stroh-Eier, österlicher Drahtschmuck, Geklöppeltes, Kratz- und Wachstechniken - 726 Ostereier und 22 Sträuße sind zu bestaunen. Vorführer bringen weitere mit und fertigen die kleinen Kunstwerke vor den Augen der Besucher an. Frieder Dittmann drechselt nach den Entwürfen seines Vaters Karl Max Dittmann aus Großenhain. "Original Dittmänner sozusagen, die ihren ganz eigenen Fankreis haben", wie Elke Birninger sagt. Wem das nicht überraschend genug ist, der kann die Stimmungen von Weihnachten und Ostern in einem Rundgang auf sich wirken lassen, denn die Weihnachtsschau zu erzgebirgischen Hängeleuchtern ist gleichzeitig bis zum 15. Mai zu sehen.

 

Programm www.skd.museum mit Märchen, Vorträgen, Musik, Gesang und Ostereiern aller Art. Kinder und Jugendliche bis 17 Jahre frei.

 

Am Rande gefragt:

Dr. Kathi Loch, seit Jahresbeginn Direktorin des Museums für Sächsische Volkskunst und der Puppentheatersammlung - und damit in ihrer Obhut Bestände erzgebirgischer Schnitzerei, Trachten, Möbel bis hin zu historischem Spielzeug sowie die zweitgrößte Puppensammlung der Welt mit 12.000 Theater-Puppen und 50.000 Objekten wie Texten, Bilder und Filme.

 

Wochenkurier: Frau Loch, verzieren Sie selbst gern Ostereier?

 

Kathi Loch: Da denke ich sofort an das Färben mit Zwiebeln, an verschiedene Kräuter und was es alles gibt. Ich weiß nicht, an wie vielen Färbetechniken ich mich mit meiner Mutter alljährlich versucht habe. (Lacht) Das war eher ein großes Scheitern, aber es hat jedes Mal Spaß gemacht. Ich entdecke das Ei hier als Kunstwerk und habe riesigen Respekt vor diesen filigranen Arbeiten.

 

Wochenkurier: Sind Sie zum Volkskunstmuseum angekommen?

 

Kathi Loch: Es stimmt, ich bin eine ungewöhnliche Besetzung. Ich komme ja vom Theater, habe viele Jahre als Dramaturgin gearbeitet. Zuletzt als Chefdramaturgin im Theater Junge Generation. Dann wollte ich ein Pause machen und eigentlich zurück ans Theater. Dann traf es sich aber, dass für die Puppentheatersammlung eine Projektleitung gesucht wurde, die den Umzug der Sammlung ins Kraftwerk konzipiert. Das fand ich total faszinierend. Da habe ich mich aufs Museum eingelassen und ich festgestellt, die Arbeitsweise ist recht ähnlich. Wir inszenieren Ausstellungen.

 

Wochenkurier: Welche neuen Akzente wollen Sie als Direktorin setzen?

 

Kathi Loch: Wir müssen uns ja immer fragen: Wie gehen wir mit dem was wir haben um? Was hat das mit meinem Leben als Besucher zu tun? Was, mit dem was draußen gerade passiert? Das ist mir wichtig. Wir wollen lebendige Häuser, die die Menschen verbinden, vermitteln und völlig neue Gedanken hervorbringen.

 

Wochenkurier: Die Puppentheatersammlung soll ins "Kraftwerk Mitte" umziehen. Packen Sie schon Kisten?

 

Kathi Loch: An der Umzugskonzeption arbeite ich in anderer Position schon über zwei Jahre, das ist ein langer Prozess. Seitdem packen wir, katalogisieren, arbeiten die Objekte auf, damit wir auch alles wiederfinden und wie gesagt - inszenieren können. Denn wir sprechen von riesigen Beständen. Auf die Baustelle selbst haben wir allerdings keinen Einfluss, da können wir nur abwarten. Wir hoffen, dass Ende nächsten Jahres tatsächlich der letzte Karton ausgepackt ist und dass wir die ganze Sammlung in ihrer Breite zeigen können und einen Einblick hinter die Kulissen eines Puppentheaters geben können. Lassen Sie sich überraschen!


Meistgelesen