Birgit Branczeisz

Ein neues Haus für Karl May

Radebeul. Die Stadt bekommt einen Karl-May-Platz und das Museum ein neues Gesicht.

Zum Spatenstich für den neuen Empfangsbau des Karl-May-Museums sind sie alle in Radebeul. Lokal-Prominenz der letzten Jahrzehnte sozusagen. Kein Wunder. Selten hat ein Spatenstich so lange auf sich warten lassen. „So ein langes Projekt werde ich nicht  mal schaffen“, sagt auch Frank Mehnert von Architekten Frank Mehnert und Dirk Georg schmunzelnd.  Seit 2002 wurde daran gearbeitet, der Traum, das Erbe Karl Mays mit einem großen Wurf in die neue Zeit zu führen, lebt seit der Wende.  2010 gab es dann endlich den Wettbewerb für ein neues Gebäude, 2023 nochmals ein Vergabeverfahren – die Stadt Radebeul trat als Bauherr ein. 2019 lagen die geplanten Kosten noch bei über 12 Millionen. Der Bund wollte nur 2,7 Millionen geben, d.h. auch andere würden nur so viel als Kofinanzierung  dazugeben. 2021 wurde das Haus daher umgeplant, alles neu beantragt.  „Wir wären damit gnadenlos überfordert gewesen“, so Dr. Volkmar Kunze.

„Bis dahin undenkbar“, lobt Kunze sichtlich bewegt in seiner Rede und dankte OB Bert Wendsche ausdrücklich, dass sich die Stadt zum Karl-May-Museum als  städtische Aufgabe bekennt. Das ist nicht selbstverständlich. Radebeul ist vor gut 2 Jahren in die Karl-May-gGmbH als Gesellschafter eingetreten und hat im Vorstand und Kuratorium jetzt einen Sitz.

Das Grundstück für den Neubau wurde der Stadt Radebeul von der Karl-May-Stiftung im Wege des Erbbaurechts übergeben. Die Stadt übergibt den Neubau an die Karl-May-Museum gGmbH als Betreiber. Der Stadt war es wichtig, das Karl-May-Museum vom Solitär zum Stadtgefüge einzubinden und damit dem Ort – dem künftigen Karl-May-Platz - ein Gesicht hin zur Stadt, zur Magistrale Meißner Straße zu geben.

Für den Neubau musste die frühere Aral-Tankstelle  komplett verschwinden - der Tankstellen-Betreiber hatte einer Umsiedlung zugestimmt und Geld für eine Kfz-Werkstatt bekommen. OB Bert Wendsche dankte dem Stadtrat, dass die Stadt in einer schwierigen Situation den Mut hatte, das Grundstück zu erwerben.

Wie wichtig so ein großer Wurf war, sollte sich 2022 zeigen: Die Stadt musste „über Nacht“ beweisen, dass hier nicht irgendein Ergänzungsbau entstehen würde und dass vor allem schon begonnen wurde – sonst würde der Bund jegliche Förderzusage zurücknehmen. Die Vorarbeit der Stiftung machte das möglich. Herausgekommen ist eine städtebauliche Lösung für Lutherkirche, Karl-May-Platz, Hain und neuen Anbau für 6,5 Millionen.

Das 1. Los Rohbau ist etwas unter dem Kostenplan geblieben – Mehrkosten müsste die Stiftung tragen. „Ich bin bei jeder Sitzung und Vergabe dabei“, kündigt Volkmar Kunze als Vorsitzender der Stiftung daher an.

Auf die Finger schauen werden  Dr. Volkmar Kunze und Robin Leipold, wiss. Direktor, den Firmen. Am 1. Dezember 2028 muss alles fertig sein. Immerhin ist dann 100. Jahre Karl-May-Museum! Kunze will aber bereits im Juli 2027 fertig sein, damit Zeit bleibt, die „Villa Bärenfett“ und „Villa Shatterhand“ museal „aufzuräumen“.

Denn sonst stimmt ja der Museumsrundgang nicht mehr, weil der künftig von der anderen Seite aus dem neuen Anbau heraus erfolgt. Und weil natürlich durch den Neubau etwa Platz im Bestand wird.

Die nächste Pläne sind schon im Hinterkopf: Die „Villa Bärenfett“ soll um einen Anbau erweitert werden, da reden wir im Moment von 2030. Die „Villa Shatterhand“ bekommt irgendwann einen Aufzug – zwei Räume werden hier leer – mehr Raum, das Leben von Karl May intensiver zu beleuchten. „Während Hohenstein-Ernsttal im Geburtshaus das Frühwerk zeigt, zeigen wir das Haus, in das Karl May als erfolgreicher Schriftsteller eingezogen ist und dann auch sein Spätwerk verfasst – sein humanistisch-pazifistisches Werk, seine Familie, seine Orientreisen“, erläutert Robin Leipold.

Der Neubau geht über zwei Ebenen, umfasst Empfang, die dringend notwendigen Magazinräume für den Fundus - die z.Z. in der Schatzkammer  der „Villa Bärenfett“ lagern – sowie den Sonderausstellungsraum mit Sascha-Schneider. Der Maler hat die meisten der Buch-Cover gestaltet. Sein restauriertes Großformat ­ „Auf zum Kampf“ 5 Meter breit, 2,50 Meter hoch - kehrt dann aus Dresden zurück. Das Karl-May-Museum besitzt über 30 Bilder von ihm.

Der Traum von einem Karl-May-Museum, das seine Werte von Toleranz, Begegnung und Neugier auf Fremdes in die neue Zeit mitnimmt, wird nun wahr. Mancher hat ihn nicht mehr erlebt. Bert Wendsche erinnerte mit einem ehrenden Innenhalten an René Wagner, den früheren Direktor des Karl-May-Museum von 1986 bis 2013, der genau am 14. Juni vor einem Jahr starb.


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