

Es ist bemerkenswert, wie sehr sich einige Zeitgenossen um unsere nationale Würde sorgen. Beispielsweise dann, wenn in den Gazetten eine nationale Ikone und zwei fußballerische Spitzen-Funktionäre wegen ihres etwas unübersichtlichen Umgangs mit ein paar Millionen Euro Erwähnung finden. „Diese Typen“ – gemeint sind die Journalisten, nicht die Fußballgrößen – würden „alles runter ziehen, was uns noch ein wenig stolz machen kann auf Deutschland“. So jedenfalls ein Briefschreiber, der zugleich fordert, man solle sich ein Beispiel daran nehmen, „wie anderswo über die Würde des Landes gewacht wird“. Nun wollen wir nicht behaupten, Journalisten seien unschuldig wie neugeborene Lämmer. Aber die meisten kleinen und großen Schweinereien, über die sie berichten, haben nun mal nicht sie begangen. Auch im zitierten Fall ist das so. Da waschen besagte Fußballherren ihre dreckige Wäsche selbst, und zwar in aller Öffentlichkeit. Und was den Verweis auf den beispielhaften Umgang mit der nationalen Würde anderswo angeht, wollen wir ebenfalls zurückhaltend sein. In der Türkei ist kürzlich ein Tee-Produzent zu 70.000 Euro Strafe verdonnert worden, weil er in einem Werbe-Spot das Nationalgetränk Ayran „beleidigt“ habe – mit der Unterstellung, der Joghurt-Drink mache müde. Was, wenn dann bei uns einer öffentlich behauptet, deutsches Bier wirke ähnlich? Ihr Hans Eggert