Die Brücke als Kulturkampf
Wird die Carolabrücke ein Fall wie die Waldschlösschenbrücke oder die Königsbrücker Straße? Vermutlich. Schon jetzt wird künftige Schuld beschworen und ins bürgerliche Lager verschoben, das sich mit dem vierspurigen Wiederaufbau der Brücke durchgesetzt hat. Schon jetzt ist klar: Die Befürworter einer – für Autofahrer – geschrumpften Brückenvariante werden das Votum wohl nicht annehmen und nach dem Streit an die Arbeit gehen. Vielmehr wird eine demokratische Mehrheitsentscheidung als »Irrsinn« bezeichnet. Nicht am Biertisch wohlgemerkt, sondern ganz öffentlich.
Das klingt nicht nach Akzeptanz. Das klingt danach, sich das Leben weiter gegenseitig schwer zu machen und mit Häme auf die nächste Gelegenheit zur Revanche zu warten. Auch das ist in Dresden nicht neu. Angekündigt hat sich das nicht erst mit dem Entscheid, sondern bereits durch die Wortwahl. Die bürgerliche Seite geriet diesmal gleich zur »fossilen Rechten«, war vehment »wissenschaftsfeindlich«, weil sie den vorgebrachten Autoritäten aus dem Bereich Verkehrsplanung nicht folgte. Das kann man so auslegen, ist aber genau die Zwei-Lager-Mentalität, an der alles krankt. Es gibt genauso Autoritäten, die anderer Meinung sind.
Es ist eben zugegeben schwer, 80 oder 100 Jahre in die Zukunft zu schauen. Heutige Politik aber linear als valide Planung in die Zukunft fortzuschreiben, ist allerdings riskant. Es könnte nämlich, wie es so schön heißt, auch alles ganz anders kommen.
Die alte Brücke nach den neuen Standards
Ob wir den »Kulturkampf gegen das Auto« erleben, der zu verlieren droht, wie die Befürworter von vier Kfz-Spuren behaupten oder ob das Auto in neuer Form gar eine Rennaissance erfährt – das wissen auch Verkehrsplaner nicht wirklich.
Es ist doch vielmehr bemerkenswert, dass sich die gesamte Debatte nur um die Anzahl der Fahrspuren dreht und es noch immer tut. Dabei hieß es über Monate: Wenn Dresden die Brücke genauso wieder aufbaut wie sie war, ist »alles gut« – sprich dann braucht es kein jahrelanges Planfeststellungsverfahren. Lediglich die Anpassung auf heutige Standards und Regeln sei dabei erlaubt.
Nichts anderes ist beschlossen worden. Wer hochgerechnet hat, wie breit die alte Brücke nach neuen Regelmaßen wird, konnte nicht ernsthaft behaupten, die Gegenseite wolle plötzlich eine »autobahngleiche Brücke«. Das war ein starkes Gleichnis, das in letzter Minute eine Enscheidung kippen sollte. Aber es war eben ein manipulatives Bild, weil sich der Autoverkehr nicht noch eine Spur mehr gönnt, sondern der Radverkehr komfortablere Spuren bekommt, die auch ihre vorgeschriebenen Breiten haben.
Warum eine »gute Brücke« nur eine Brücke sein kann, auf der das Auto eine Spur abgibt, ist klar: Hier sollte von Anfang an eine Stadtumgestaltung her. Natürlich kann Dresden die ganze Innenstadt (fast) autofrei gestalten, mit Grünzügen, Boulevards und Treffs. Eine schöne Vision. Ein eigener Mikrokosmos. Für dessen Funktionieren an den Rändern aber viel Beton her müsste, um den Mikrokosmos zu versorgen. Zwangsläufig auf Kosten derer, die dort wohnen – denn im Umland wird der ÖPNV bekanntlich zuerst gestrichen.
Weniger Brücke gleich mehr Badespaß?
Die Verfechter einer schmaleren Carolabrücke gingen noch weiter: 30 Millionen Euro werde die vierspurige Variante nun mehr kosten – im Vergleich zu drei Autospuren. Das seien genau jene 30 Millionen, die für die Schwimmhalle Klotzsche gebraucht würden. Doch die unbelehrbare Autolobby wolle diese 30 Millionen lieber in eine überdimensionierte Brücke stecken.
Wieder wird angeschwärzt. Aber heftig. Dabei steht bislang keine einzige Bausumme fest. Zudem kommen die Gelder aus so unterschiedlichen Töpfen, dass weniger Brücke nicht mehr Schwimmspaß bedeutet. Eine Autospur in einer Präsentation für die Stadträte mit einem Bade-Bild auszufüllen, wie es eine Fraktion getan hat, war also schlicht unredlich – auf neudeutsch: »Framing«.
Es gibt auch nicht weniger Fördergeld, weil wieder alle früheren vier Kfz-Spuren kommen, wie jetzt behauptet wird. Das Rathaus hat es mehrfach verkündet: Bislang gibt es gar keine Fördermittel – außer für den ÖPNV. Gerade bei diesem Thema wird noch viel zu tun sein, fürs Rathaus und die Politik. Ob jetzt wirklich alle für Dresden etwas tun oder lieber abwarten, wird sich schon bald zeigen.

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