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Krankes Gesundheitssystem - Teil 3

Vor drei Jahren erfolgte per Gesetz eine Neuordnung der Krankenhausstruktur. Ist sie für die Kliniken der Region Fluch oder Segen?
Themenfoto: Archiv, Rainer Schlippe

Themenfoto: Archiv, Rainer Schlippe

Das Gesetz zur Reform der Strukturen der Krankenhausversorgung wurde am 10. Dezember 2015 vom Deutschen Bundestag verabschiedet. Es beinhaltet umfangreiche Änderungen des Krankenhausfinanzierungsrechts. Was das für die einzelnen Kliniken bedeutet, erfahren wir in dieser Folge von Jörg Scharfenberg, Geschäftsführer vom Lausitzer Seenland Klinikum: »Das Krankenhausstrukturgesetz hat einen Ansatz, es soll die Krankenhausstrukturen bereinigen. Man spricht in politischen Kreisen davon, dass man noch einmal 300 bis 500 Krankenhäuser aus der Versorgungslandschaft entfernen möchte. Wobei wir Sachsen sagen müssen, dass unsere Krankenhausstruktur schon optimal an den Bedarf angepasst ist.«
Dennoch, laut Scharfenberg hat die Politik eine Chance vertan, indem sie es versäumte, einen gesamtbundesdeutschen Versorgungsplanungsausschuss zu installieren. Dieser hätte seiner Meinung nach zu entscheiden gehabt, welches Krankenhaus versorgungsrelevant- und damit weiter bestehen darf und welches Krankenhaus nicht. Der Ausschuss hätte klar machen müssen »diese Fachabteilungen sehen wir in diesem Krankenhaus noch, die Fachabteilungen nicht mehr. Aber eben diese politische Entscheidung ist nicht getroffen worden, sondern man  bedient sich anderer Methoden. Man hat gesagt ›wir wollen die Qualität verbessern‹, das unterschreiben wir auch, denn jeder der eine Leistung gut macht und eine hohe Qualität darbietet, soll auch an der Versorgung weiter teilnehmen. Die die eine nicht so gute Qualität haben, weil sie vielleicht auch nicht die Fallzahlen haben, diese Fachabteilungen sehen wir hier nicht mehr in dem Versorgungsspektrum. Und so werden jetzt ganz viele Qualitätsparameter entwickelt, die das erst mal monitoren sollen – erst dann wird ohne Budgetverhandlungen entschieden; wenn sie eine Leistung gut bringen, okay – und wenn eine Leistung nicht gut ist, dann bekommen sie noch eine gelbe Karte aber nach drei Jahren sind sie dann aus dem Segment raus. Die Strukturvoraussetzungen werden erhöht. Um gewisse Leistungen abzurechnen, müssen sie Strukturen vorhalten. Sie müssen besondere Medizintechnik haben, sie müssen besondere Fachkräfte haben – also eine bestimmte Anzahl an Intensivmedizinern. Sie müssen Radiologen im Haus haben. Sie müssen MRT, CT, Linksherzkathetermessplatz im Haus haben, sie müssen einen Hybrid-OP vorhalten, und, und, und... es gibt Leistungsbereiche, radiologische Komplexpauschalen, da brauchen sie diese Strukturvoraussetzungen und noch eine gewisse Liste mehr. Und fast jedes Jahr kommen neue Kriterien dazu.  
Und irgendwann werden die Strukturvoraussetzungen so hoch dass sie das als Krankenhausträger nicht mehr erfüllen können und demzufolge diese Leistung an diesem Standort nicht mehr erbringen können.

In diesem Zusammenhang gab es noch eine Entscheidung, den sogenannte Fixkostendegressionsabschlag. Wir unterliegen im Gesundheitssektor Budgets, mit uns wird eine gewisse Fallzahl vereinbart, eine Fallschwere. Und wenn sie die Fallzahlen mit der Fallschwere multiplizieren, dann erhalten sie einen sogenannten Case-Mix. Und wenn sie diesen Case-Mix erfüllt haben, wird jede Leistung die sie mehr erbringen, mit einem Abschlag von 30 Prozent honoriert. Wir leben in einer Region mit einem sehr hohen Altersdurchschnitt. Damit werden demografiebedingt gewisse Gesundheitsleistungen mehr nachgefragt. Also sie haben eine steigende Anzahl im Bereich der Herz-Kreislauf-Erkrankungen, der neurologischen Erkrankungen, der onkologischen Erkrankungen. Für die Entwicklung sind wir nicht verantwortlich, sondern die Demografie und die Epidemiologie.«
Fazit: Die Neuordnung war grundsätzlich ein richtiger Schritt, doch selbst die Krankenkassen bemängeln, »dass es den Lösungsansätzen an Konsequenz, Verbindlichkeit und Nachhaltigkeit fehlt.«


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