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Krankes Gesundheitssystem - Teil 2

Wie steht es um den Patienten »Gesundheitssystem«? Akteure, Betroffene und Verantwortliche äußern sich zur Lage in der Region.
Jörg Scharfenberg ist Geschäftsführer des Lausitzer Seenland-Klinikums in Hoyerswerda. Fotos: hgb

Jörg Scharfenberg ist Geschäftsführer des Lausitzer Seenland-Klinikums in Hoyerswerda. Fotos: hgb

REGION. Schon in der letzten Ausgabe widmeten wir uns dem »Medizinischen Dienst der Krankenkassen«, der die Abrechnungen prüft, die von den Krankenhäusern bei den Kassen eingereicht werden. Unisono wird er als Problem No. 1 benannt. Man leide unter der sogenannten »Gesundheitspolizei«, wie uns bereits Andreas Grahlemann, Geschäftsführer der MGLG des Landkreises Görlitz mbH in der letzten Ausgabe erklärte. Heute äußert sich dazu Jörg Scharfenberg, der Geschäftsführer des Lausitzer Seenland-Klinikums in Hoyerswerda.

Welche Erfahrungen machte das Klinikum Hoyerswerda mit dem MDK?
Jörg Scharfenberg: Also erst einmal vorab: wir halten uns natürlich strikt an alle Vorgaben, die durch den MDK geprüft werden. Das Problem sind die teilweise anderen Prüfkriterien, denn der MDK prüft die Fälle ja immer retro.
Wenn Sie also einen Patienten mit Kopfschmerzen aufnehmen und die Anzeichen verdichten sich, dass dahinter etwas Ernsthaftes stecken könnte, nehmen wir den Patienten natürlich auf. Wenn dann alle Untersuchungen im stationären Bereich abgeschlossen sind und sich herausstellt, dass es zum Glück doch keine ernsthafte Erkrankung war, ist man am Ende natürlich immer klüger als am Anfang. Dass der MDK dann teilweise zum Eindruck kommen könnte, dass hier eine ambulante Leistung vorgelegen hat, kann man verstehen, aber am Anfang eines Patentenfalls sieht die Leistung teilweise anders aus.
Wir haben auch den Fall, dass uns der MDK bei operativen Eingriffen Behandlungstage streicht, zum Beispiel bei Schulter-arthroskopien, bei denen wir die Patienten nicht an zwei Tagen durch den stationären Ablauf bekommen.

Was muss passieren?

Grundsätzlich wäre uns schon sehr geholfen, wenn der Medizinische Dienst der Krankenkassen wieder in die Klinik kommen würde und die Fälle, die zur Prüfung anstehen, gemeinsam mit dem behandelnden Team bespricht. Denn wenn die MDK-Mitarbeiter nur eine Akte vor sich liegen haben, können sie gewisse Informationen einfach nicht haben. Im Gespräch kann man den Prüfärzten vom MDK noch einmal erläutern, wie es überhaupt zu der Aufnahme gekommen ist, was wir im stationären Setting getan haben und wie sich der Krankheitsverlauf dargestellt hat. So kommt man sicher auch zu anderen Prüfergebnissen.
So lief es in der Vergangenheit schon einmal, aber seit zwei Jahren ist der Prozess so organisiert, dass der MDK ausschließlich am grünen Tisch prüft. Wir stellen fest, dass es nicht mehr die Einzelfallprüfung gibt, sondern dass gewisse Teilgebiete und Teilbereiche systematisch und strukturiert geprüft werden.
Das beste Beispiel im letzten Jahr war die konservative Wirbelsäulentherapie.  Hier schätzt der MDK klar ein, und die Kostenträger auch, dass das eine ambulante Leistung ist. Unsere Patienten sehen aber keine adäquaten Behandlungsmöglichkeiten im Setting und wir müssen vielen Patienten sagen, dass wir sie leider nicht betreuen können.
Das ist aus unserer Perspektive eine signifikante Verschlechterung der Versorgungsqualität für unsere Patienten in der Region. Sie müssen jetzt sehr, sehr lange Reisewege in Kauf nehmen, um eine adäquate Behandlung zu bekommen. Es gibt Kostenträger, die Patienten empfohlen haben sich doch in Königswusterhausen oder in Dresden vorzustellen. Aber selbst diese Versorgungseinrichtungen haben lange Wartezeiten. Und Sie können sich vorstellen, wenn Sie akute Rückenschmerzen haben, nicht sitzen, nicht liegen können und starke Schmerzmittel nehmen, haben sie einen hohen Leidensdruck. Die Patienten dann nach Königswusterhausen zu schicken oder die 70 km bis nach Dresden, das empfinde ich als verantwortungslos. Henry Gbureck


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