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Der Ideenmillionär aus Radebeul

Reinhard Zabka, Chef des Radebeuler Lügenmuseums und Erfinder des Herbst- und Weinfestlabyrinths, bekam den Kunstpreis der Stadt Radebeul.

Angestaubte Museen sind nicht sein Ding, der Mainstream genauso wenig. Reinhard Zabka, der sich als Richard von Gigantikow in Radebeul einen Namen gemacht hat, erhielt letztes Wochenende den mit 3.000 Euro dotierten Kunstpreis der Stadt Radebeul. „Dabei stehe ich gar nicht so gern im Rampenlicht", sagt er nach der Preisverleihung, die er dennoch als sehr angenehm empfand. „Vorübergehend" Im September 2012 zog der gebürtige Erfurter mit seinem Lügenmuseum von Gantikow (bei Kyritz, Brandenburg) in den Radebeuler Gasthof Serkowitz – vorübergehend. Vier Jahre später ist er immer noch da und jedes Jahr 6.000 Besucher, die zwischen Fontanes Wanderschuh, den Reisebrieftaschen bekannter Expressionisten, der Himmelsscheibe von Serkowitz und dem Ohr von Vincent van Gogh allerhand Skurriles präsentiert bekommen. „Als Ausflugsziel funktioniert das Museum schon ganz gut", sagt Zabka, der keinerlei Werbung dafür macht. Er wünscht sich, dass dieser Ort darüber hinaus noch mehr als Kunstereignis wahrgenommen wird. In dieser Mission organisierte er in den letzten Jahren zahlreiche Ausstellungen und Aktionen, holte u.a. den Straßen-Wassermaler nach Radebeul, war Gastgeber des Weltlügenballs und beteiligte sich an der 700-Jahrfeier in Serkowitz. Unvergessen ist die Schau „unverbesserlich" zum 25. Jahrestag der friedlichen Revolution, eine Ausstellung, deren Inhalt sich nach Zabkas Empfehlung am besten in der Dunkelheit erschließt. Zwischen der Urne für die Abgabe von Wehrdienstausweisen und Dynamitstangen aus Friedenskerzen liegt wohl auch seine Vergangenheit. Für den Oppositionellen, der zeitweise unter polizeilichen Meldeauflagen stand, war die Kunst die einzige Möglichkeit, gegen das System zu rebellieren. „Wenn er sich am Ende der DDR an Ausstellungen beteiligen durfte, dann nicht, weil die Staatsvertreter liberaler wurden, sondern weil sie die Übersicht verloren hatten, wie ein Beobachter einmal feststellte. Sie merkten, dass seine Kunst subversiv war, konnten aber das Subversive darin nicht richtig dingfest machen", sagte Dr. Susanne Köstering, Geschäftsführerin des Museumsverbandes Brandenburg, in ihrer Laudatio. Legendär sind auch seine Pressemitteilungen, deren Inhalt sich in der Regel erst nach mehrmaligen Lesen, manchmal aber auch gar nicht erschließt. Zabka bezeichnet sich darin selbst auch gern schon mal als „Ideenmillionär" – ein subtiler Seitenhieb auf den Ruf seiner Wahlheimat. Alles DaDa Aktuell erinnert im Lügenmuseum eine neue Ausstellung an das 100. Jubiläum der Antikunstrichtung „Dadaismus" (DaDa). Sie wurde 1916 in Zürich, genauer noch im Cabaret Voltaire, aus der Taufe gehoben. „Damals haben die Kunstexperten gesagt, so was gehört auf den Sperrmüll. Heute sind diese Exponate die Highlights in den Museen weltweit", sagt er. 20 internationale Künstler sind u.a. mit Skulpturen, Möbeln und Bildern vertreten. Zu sehen ist die Ausstellung noch bis zum 31. Dezember. Wie es mit dem Museum, das bis heute weitestgehend ohne öffentliche Gelder auskommt, einmal weiter geht, ist noch nicht ganz klar. „Ich will natürlich hier bleiben", sagt der 66-Jährige. Sein Mietvertrag ist unbefristet. Neben ihm gibt es einen weiteren Interessenten für den ehemaligen Gasthof, der zeitnah saniert werden müsste. André Schramm


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