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Carola Pönisch

Verfassungsschutzbericht liegt vor

Seit Anfang November liegt der Sächsische Verfassungsschutzbericht für 2019 vor. Er analysiert Rechts- und Linksextremismus und konstatiert eine »Abstrakt hohe Gefahr islamistischer Anschläge im Freistaat«.
Der erste islamistisch motivierte Terroranschlag in Dresden ereignete sich am 4. Oktober dieses Jahres mitten im Stadtzentrum an der Schlossstraße.                                                                             Foto: Jörn Wolf

Der erste islamistisch motivierte Terroranschlag in Dresden ereignete sich am 4. Oktober dieses Jahres mitten im Stadtzentrum an der Schlossstraße. Foto: Jörn Wolf

Rechts- und Linksextremismus, Reichsbürger und Selbstverwalter, Islamismus, sicherheitsgefährdende und extremistische Bestrebungen von Gruppierungen mit Auslandsbezug, Spionageaktivitäten, regionale Lagebilder über die Situation in den einzelnen Landkreisen und kreisfreien Städten des Freistaates – über all das informiert der aktuelle Verfassungsschutzbericht, den Innenminister Roland Wöller und der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz (LfV) Sachsen, Dirk-Martin Christian, kürzlich vorlegten.  Die 297 Seiten haben es in sich.   Ebenso wie das Fazit, das Innenminister Wöller zieht: Es gibt »so viele Rechtsextremisten wie seit 1993 nicht mehr«, »Leipzig bleibt bundesweiter Brennpunkt linksextremistischer Gewalt« und es besteht eine »Abstrakt hohe Gefahr islamistischer Anschläge auch im Freistaat«. Rechtsextremismus 3.400 Personen in Sachsen gelten laut Verfassungsschutzbericht als rechtsextrem, das sind 600 mehr als 2018 und so viele wie seit 1993 nicht mehr. Rund 2.000 sollen gewaltorientiert sein, auch das deutlich mehr als im Jahr zuvor (1.500). Die meisten Rechtsextremen agieren in Bautzen, Dresden und im Landkreis Sächsische Schweiz Osterzgebirge, in Dresden werden etwa 350 bis 400 Personen der Szene zugeordnet. Von den 2.198 rechtsextremistische Straftaten im vergangenen Jahr wurden 366 in Dresden gezählt, die Landeshauptstadt liegt damit sachsenweit an der Spitze. Linksextremismus Auch im Bereich des Linksextremismus kann keine Entwarnung gegeben werden. »Ganz im Gegenteil: Das Personenpotenzial bleibt zwar relativ konstant, wird gleichzeitig aber in Bezug auf die Anwendung von Gewalt durch Autonome immer enthemmter«, heißt es dazu im Bericht. Die »Szene der autonomen Anarchisten wird zunehmend gewaltbereiter«. Habe sich diese Gewalt bislang vor allem gegen Sachen gerichtet, »werden bei Versammlungen oder Aktionen im Verborgenen inzwischen auch Personenschäden billigend in Kauf genommen«. Als linke Hochburg darf Leipzig bezeichnet werden, die Stadt ist bundesweite Schwerpunktregion der autonomen Szene und bleibt ein Brennpunkt linksextremistischer Gewalt. In Dresden gibt es laut Bericht um die 70 gewaltbereite Linke, zu deren »beliebtesten« Feinden zweifellos der Wohnungskonzern Vonovia und die Baufirma Hentschke gehören – diverse Brände an Fahrzeugen und Baumaschinen künden davon.  Islamismus Der Begriff «Islamismus« bezeichnet eine Form des religiös motivierten politischen Extremismus und beginnt dort, wo islamische Gebote und Normen für politische Handlungsanweisungen instrumentalisiert werden. In Sachsen soll das »islamistische Personenpotenzial« 500 Personen zählen, darunter 270 Salafisten. Der  Verfassungsschutzbericht gibt Einblick in Strukturen (Muslimbruderschaft, Deutsche Muslimische Gesellschaft, Sächsische Begegnungsstätte), Ziele und Agieren verschiedener islamistischer Strömungen (u.a. Jihadistischer Salafismus). Zu Anschlägen jihadistisch motivierter Extremisten in Sachsen kam es 2019 nicht.  Der bislang schlimmste islamistisch motivierte Anschlag geschah am 4. Oktober dieses Jahres, als ein 20-jähriger Syrer in Dresden auf zwei Touristen aus NRW einstach, einen dabei tödlich verletzte. Der Syrer war 2015 als Flüchtling nach Deutschland gekommen und den Behörden als Gefährder bekannt. Erst wenige Tage vor der Tat war er aus dem Gefängnis entlassen worden. Wie ermittelt der Verfassungsschutz? *Quellen sind Parteiprogramme, Satzungen, Publikationen, Flugblätter, Internetseiten oder Reden von Funktionären   * Außerdem Einsatz von V-Leuten, Observieren, verdeckte Bild- und Tonaufzeichnungen, Überwachung des Brief-, Post- und Fernmeldeverkehrs und Wohnraumüberwachung * Der komplette Verfassungsschutzbericht ist hier zu finden


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