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Carola Pönisch

Ist Sachsens Polizeistatistik korrekt?

Wie aussagekräftig ist die jährliche Polizeiliche Kriminalitätsstatistik (PKS) wirklich? Wenn Vorfälle nicht erfasst sind aus verschiedenen Gründen – ist die Statistik dann nicht geschönt?
»Jeder Fall, der 2018 aufgenommen, aber noch nicht abgeschlossen wurde, erscheint nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik«, sagt Cathleen Martin. Nennt man so eine Statistik dann nicht »geschönt«?  Foto: pexels.com

»Jeder Fall, der 2018 aufgenommen, aber noch nicht abgeschlossen wurde, erscheint nicht in der Polizeilichen Kriminalstatistik«, sagt Cathleen Martin. Nennt man so eine Statistik dann nicht »geschönt«? Foto: pexels.com

   »Die PKS spiegelt nicht die gesamte Verbrechensrealität wider«, sagt Cathleen Martin. Ein heftiger Vorwurf – doch die 45-Jährige muss es wissen. Bis April 2018 gehörte sie zur Mordkommission in Leipzig, jetzt ist sie Opferschutzbeauftragte für die Polizeidirektion Leipzig und Landesvorsitzende der Sächsischen Polizeigewerkschaft. Das fehlt in der Statistik »Keinen Eingang in die Statistik eines Jahres finden alle Fälle, die noch nicht abgeschlossen sind. Auch politisch motivierte Straftaten von Links wie Rechts, deren Ermittlung abgeschlossen oder aufgegeben wurden, sind nicht erfasst, weil dafür meist der Verfassungsschutz als übergeordnete Behörde zuständig ist. Nicht in der Statistik tauchen Internetbetrügereien auf, wenn die Ganoven im Ausland sitzen. Nicht erfasst sind Vorgänge, die zwar gemeldet, aber noch keinem Bearbeiter zugeordnet sind.« Die rund 280.000 Straftaten in der PKS 2018 bilden demnach nicht die Realität ab. »Die Dunkelziffer ist hoch, wir sprechen hier über mehrere 10.000 Fälle, die in der Statistik nicht auftauchen«, sagt Cathleen Martin, die als Spitzenkandidatin der Freien Wähler in den Landtag einziehen will. Sicherheitsgefühl gesunken So kommt es, dass die Gesamtstatistik zwar sagt, die Zahl der Straftaten in Sachsen insgesamt sei gesunken, das Sicherheitsgefühl der Menschen aber ein anderes sei, so Martin. Was wiederum mit dem Stellenabbau in der Vergangenheit zu tun hat. Ein großes Problem sei beispielsweise der Zahl der Fälle, bei denen noch ermittelt wird und die daher nicht in der PKS auftauchen. »Die Ermittlungen werden zum Teil immer umfangreicher und zeitaufwändiger, unter anderem durch Handydaten-, Computer- oder Videoauswertungen. Das bindet natürlich viel Kapazität bei der Polizei.« Wie eine Bugwelle schiebe man diese Fälle vor sich her. Auch jene, die von den Bürgern zwar online zur Anzeige gebracht werden, wegen fehlender Kapazitäten aber wochenlang unbearbeitet liegen bleiben, weil z.B. immer mehr Demos (3.000 im Vorjahr) abgesichert werden müssen. Ob man bei deutlich mehr Polizei vor Ort (»Wir brauchen 17.000 Beamte statt wie jetzt 12.500«) jedoch eine andere/ehrlichere Polizeiliche Kriminalstatistik bekommt? Vielleicht reicht es ja, einfache alle Straftaten innerhalb eines Jahres als solche zu benennen, unabhängig vom Stand der Ermittlungen und der Zuständigkeiten. Aus der Statistik * Sexualdelikte sind 2018 im Vergleich zum Vorjahr um 18 Prozent gestiegen, die Aufklärungsquote um fünf Prozent gesunken * Drogendelikte sind sachsenweit um acht Prozent gestiegen, im Landkreis Nordsachsen sogar um 52 Prozent * Die Zahl der Raubstraftaten auf öffentlichen Plätzen und die der Körperverletzungen nahmen um 2,1 bzw. 3 Prozent zu   


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