

Auf Keils Gut in Wilsdruff verlegte der Kölner Künstler Gunter Demnig zwei Stolpersteine für das Ehepaar Pöthig. Wilsdruff. Den Stein ins Rollen gebracht hatte Karin Dix (53), Enkelin von Johanna und Richard Pöthig. Sie erzählt: "In unserer Familie wurde nicht über den Großvater, den wir nicht kannten, gesprochen. Erst als mein Vater im hohen Alter Andeutungen machte, wurde ich stutzig. Nach seinem Tode fand ich Aufzeichnungen, die das Schicksal seines Vaters erhellten." Zusammen mit ihrer Cousine Angela Kesteloo-Pöthig(63) begab sie sich auf die Suche, die schließlich damit endete, dass sie den Stolperstein Dresden e.V. animierte, für Richard Pöthig und seine Frau eine Erinnerung an deren Heimatort zu stiften. Richard Pöthig, geboren 1899, war Verwalter auf dem heutigen Keils Gut gewesen. Als das Gut an einen neuen Besitzer überging, verlor Richard Pöthig seine Anstellung, fand Arbeit in einem Gußstahlwerk, während seine Frau als Zugehfrau arbeitete. Das Ehepaar blieb aber mit den Söhnen Karl-Heinz (Vater von Karin Dix) und Joachim auf dem Gut wohnen. Ab 1939 litt Pöthig unter epileptischen Anfällen, die wie seine Enkelinnen vermuten, auf eine Kriegsverletzung zurückzuführen waren. Im Alter von 18 Jahren hatte Pöthig beim Sächsischen Fußartillerieregiment 19 gedient, wurde während der Flandernschlacht verschüttet und erlitt eine Gasvergiftung. 1940 wurde er in die damalige "Heilanstalt" Arnsdorf eingewiesen und auf Veranlassung eines Dr. med.Kabisch zwangssterilisiert, da Epilepsie als Erbkrankheit galt. Seine Söhne mussten sich erbgutachtlerichen Untersuchungen unterziehen. Vor diesem Hintergrund und angesichts der Schikanen, die der Familie wegen ihrer nazifeindlichen Gesinnung drohten, war Johanna Pöthig bereit, sich scheiden zu lassen. Sie musste nun allein für ihre Söhne sorgen und nahm nach dem Krieg sogar noch ein Pflegekind auf. In der vom nationalsozialistischen Euthanasieprogramm geprägten Landesheilanstalt Großschweidnitz verstarb Richard Pöthig am 8. Juni 1944. Seinen Enkelinnen treibt das Schicksal noch heute die Tränen in die Augen. "Aber wir sind erleichtert und dankbar, dass mit dem heutigen Tag unsere Familie wieder zusammen ist", sagt Karin Dix und legt einen Feldstrauß auf den frisch einbetonierten Stolpersteinen nieder... Claudia Dahlke Fotos: cda