Tourismus und was noch?
Montagabend in Schmilka: Unternehmer Sven-Erik Hitzer steht vor einem Pulk von 15 Leuten und erzählt – von der Geschichte der Schmilk´schen Mühle, den gepfefferten Preisen in seiner Backstube und den 78 Einwohnern im Ort, die nicht nur immer älter, sondern auch weniger werden. Seine Zuhörer sind Leute vom Umweltministerium, dem Nationalpark und aus der Tourismusbranche. Die vier wichtigsten Personen sind an diesem Abend aber andere. Es sind Jurymitglieder des europäischen Dorferneuerungspreises. Sie stammen u.a. aus Österreich und Ungarn und haben schon ein ordentliches Programm hinter sich: Nationalpark-Bahnhof, Markt in Bad Schandau, Rathmannsdorfer Aussichtsturm, Agrargenossenschaft, Fähre. Die Kommission liegt schon über eine Stunde hinter dem Zeitplan. Ein gutes Zeichen? Weihnachten brennt Licht Geschäftsmann Hitzer erzählt unterdessen von einem Problem, dem der kalten Betten. „Früher hat Schmilka keinen interessiert. In den letzten fünf Jahren ist das anders. Die Immobilienpreise gehen seither durch die Decke. Spekulationsobjekte“, sagt er. In den Häusern sehe man mit etwas Glück Weihnachten und Ostern Licht brennen, ansonsten stünden sie leer. Der Verwaltung sind die Hände gebunden. „Natürlich fragen wir schon nach dem Nutzungskonzept. Vorschreiben, wie sie ihr Haus zu nutzen haben – das können wir natürlich nicht“, erzählt Bürgermeister Thomas Kunack. Nicht nur Schokoladenseiten zeigen, sondern auch Probleme ansprechen – das kommt authentisch rüber, auch bei der Jury, die keine im klassischen Sinn ist. „Wir sind Eure Anwälte, werden euch und drei weitere Gemeinden vertreten“, sagt der Österreicher Peter Schawerda. Wo stehen wir? Wo geht’s hin? Doch warum macht Bad Schandau bei einem Wettbewerb mit, bei dem es nicht einmal Geld zu gewinnen gibt? „Wir können beruhigt zeigen, was wir haben, vor allem aber erreicht haben“, sagt Kunack. Zudem biete der Wettbewerb die Gelegenheit, Dinge in den Fokus rücken, die im Tagesgeschäft häufig in den Hintergrund driften. Jurymitglied Schawerda geht noch einen Schritt weiter. Neben der Standortbestimmung sieht er auch eine identitätsstiftende Funktion in dem Wettbewerb. „Die Öffentlichkeit, die eine Teilnahme bringt, sollte auch nicht unterschätzt werden“, sagt er. Für den Gewinner gibt es im September in Tirol einen Titel samt Zertifikat. Damit darf dann offiziell geworben werden. Wer nicht gewinnt, weiß am Ende zumindest, wo seine Defizite liegen. Hat Schandau Chancen? Die Jury zeigte sich nach dem Rundgang tief beeindruckt. „Das Leben mit dem Fluss ist hier ganz klar das Motiv, das Schicksal nahezu an jeder Hausecke präsent“, sagte Schawerda. Man habe sich nicht geschlagen gegeben, sondern aktiv mit der Gefahr auseinander gesetzt nach dem Motto „Jetzt erst recht“ – das verdiene Respekt. Weil der Wettbewerb offenbar viel Wert auf Bürgerbeteiligung legt, kamen auch die 40 Workshops zum Entwicklungskonzept der Stadt gut an, vor allem weil sie ergebnisoffen waren. Etwas zu kurz kam der Jury, das Generationen-Thema und der Energiespargedanke. Das größte potentielle Problem warte den Experten zufolge jedoch an anderer Stelle. „Bad Schandau und Umgebung sind fast ausschließlich auf Tourismus fokussiert. Das kann irgendwann zum ökonomischen Elefantenfuß werden. Besser ist ein Modell, das von vielen kleinen sicheren Füße getragen wird“, so Schawerdas Fazit. Im Korsett von Elbe, FFH-Auen und Nationalpark ist das leichter gesagt, als getan. Nächste Station für das Quartett ist ein Dorf rund 60 Kilometer entfernt von Olsztyn (Polen).
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