

Am Mega-Projekt Industriepark Oberelbe (IPO) scheiden sich schon seit Jahren die Geister. Während einige Stadträte und Bürgermeister der drei beteiligten Gemeinden Pirna, Heidenau und Dohna den IPO befürworten, gibt es durchaus kritische Stimmen. So hat der Stadtrat von Dohna schon vor Jahren den Ausstieg aus den IPO beschlossen, während Dohnas Bürgermeister Ralf Müller (CDU) am Projekt festhält. Da ein Ausstieg aber nur mit Zweidrittelmehrheit beschlossen werden kann, versucht die Stadt jetzt, selbst ihren IPO-Anteil zu gestalten.
In Heidenau stand der scheidende Bürgermeister Jürgen Opitz (CDU), der gleichzeitig Vorsitzender des IPO-Zweckverbandes (ZV IPO) ist, immer auf der Seite der Befürworter, während es im Stadtrat durchaus knappe Mehrheiten für oder gegen den IPO gab. Hier ist der IPO besonders umstritten, grenzt er doch an ein Meisterwerk barocker Baukunst, den Barockgarten Großsedlitz, eine Bastion der Heidenauer Bürgerinitiative, die gegen den Industriepark opponiert. Aus deren Bewegung stammt auch die neue Bürgermeisterin von Heidenau, Conny Oertel.
In Pirna sieht es da ganz anders aus. Hier waren Stadtrat und Oberbürgermeister bisher fast immer pro IPO. Zu den Befürwortern gehört auch Pirnas Oberbürgermeister Tim Lochner (parteilos, für AfD), der wohl den Vorsitz des ZV übernehmen wird.
Die Gegner des IPO nennen zahlreiche Gründe für ihre Kritik. Dazu gehören Kostenexplosion, Planungsmängel und fehlende Transparenz des ZV IPO. So ist Anfang 2018 noch vollmundig der erste Spatenstich für Juni 2020 versprochen worden. Das war mutig. Zu mutig, denn die größten Schwierigkeiten und Probleme der Planung wurden bis heute nicht ausgeräumt. So liegt zwar der zur Satzung erhobene Bebauungsplan im Landratsamt zur Entscheidung vor. Allerdings wurde die Frist zur Entscheidung erheblich verlängert. In der letzten Stadtratssitzung in Pirna wurde davon gesprochen, dass an erste Ansiedlungen ab 2030 »zu denken« sei.
»Strategiewechsel«
Nun, nach den Eröffnungen der Verbandsführung im Herbst 2024 im Jagdschloss Graupa, ist Stille eingekehrt. ZV-Vorsitzender Ex-Bürgermeister von Heidenau Jürgen Opitz erklärte die bisherige Strategie als nicht fortführbar, da die Kostenkalkulation statt ursprünglich 55 Euro auf über 90 Euro pro Quadratmeter für baureife Grundstücke, und nun sogar auf 200 Euro für die genannte Fläche buchstäblich explodiert sei. Dazu ist die Förderkulisse quasi zusammengebrochen und die Unterstützung von privaten Investoren sei nötig und / oder der Freistaat steigt mit ein.
Ignoriert wird dabei, dass auf dem ehemaligen Flughafen Großenhain auf 140 Hektar ein genehmigter Bebauungsplan vorliegt. An dieser Stelle wird also keine landwirtschaftliche Nutzfläche verbraucht. Die wichtigsten Erschließungserfordernisse sind bei dem Projekt des Freistaates gewährleistet und es kann da gestartet werden. Nicht so beim IPO, wo stets Fördermittel einkalkuliert wurden, die nun nicht ansatzweise bereitstehen. Dazu erhebliche Probleme in fast allen für die Genehmigung des Bebauungsplanes erforderlichen Fachbereichen. Unter anderem sind wichtige Kernpunkte zur Wasserhaltung nicht geklärt oder nur mit erheblichem Mehraufwand realisierbar. Mit dem letzten Planungsschritt ist die vermarktbare Nettofläche nochmals geschrumpft.
Nun also ein Strategiewechsel, der weder vorab in den Stadtparlamenten beraten, geschweige denn beschlossen wurde. Die Satzung des Zweckverbandes spielt da wohl keine Rolle mehr? Inzwischen zahlte Pirna rund drei Millionen Euro an den Zweckverband. Dazu kommen erhebliche Kreditaufnahmen von bis zu zehn Millionen Euro. Pirnas Anteil von 60 Prozent fällt direkt in die schon eklatant vorliegende Haushaltsmisere, käme bei einem Scheitern also auf den bestehenden Schuldenberg hinzu. Für die nächsten Jahre laufen die Kosten weiter, erhebliche Zinszahlungen belasten den Haushalt des ZV und Erträge stehen komplett in den Sternen. Da braucht es viel Mut und Hoffnung. Hoffnung auch dafür, dass sich bei der Realisierung des Projektes genug Unternehmungsansiedelungen ergeben. Aber Interessenten soll es ja so einige geben.