

In Lauta sind Sie mit Ihrem Programm »Fremde Strände« zu Gast. Das klingt nach Abenteuern und spannenden Entdeckungen. Was erwartet die Konzertbesucher an diesem Abend?
Tino Eisbrenner: Na wenn ich das jetzt verrate, sind Spannung und Entdeckung ja weg. :-) Vielleicht nur so viel: Ich werde begleitet von meinem Ausnahmeakkordeonisten Heiner Frauendorf am Bajan. Wir reisen seit zehn Jahren zusammen um die Welt und das merkt man dem Programm auch an. »Fremde Strände«, weil ich mit diesem Programm auch Songs und Gedichte präsentiere, die nicht aus meiner Feder stammen, denen ich aber die deutsche Sprache gegeben habe.
Sie selbst waren und sind weltweit – nicht nur an »Fremden Stränden« – viel unterwegs. Wie haben Sie diese Reisen persönlich und musikalisch beeinflusst?
Schon drei Jahre meiner Kindheit lebte ich in Bulgarien und lernte, mich in fremden Kulturen nicht nur zurecht zu finden, sondern auch, ihnen mein Herz zu öffnen. So habe ich zum Beispiel keine Angst vor braunäugigen und schwarzhaarigen Menschen. Später meine Jahre mit und bei den Indianern...
Aber auch die Musik ist eine fremde Welt, der man sein Herz öffnen muss, um mit ihr leben zu können, statt sie nur als Geräuschkulisse gegen die Angst vor Stille einzusetzen.
Und so, wie Musiker, mit denen ich arbeite, mich prägen und meine musikalischen Visionen mit Leben füllen, so tun das auch Menschen, deren Geschichte mir irgendwo auf der Welt oder vor‘m eigenen Gartentor offenbar wird. Mit all diesen Einflüssen lebe ich, sauge auf, gebe zurück, beeinflusse selbst.
Gerade kommen Sie aus Russland zurück. Welche Eindrücke bringen Sie mit aus diesem Land, das die Gemüter in Deutschland zurzeit so spaltet?
Es ist nicht Russland, das unsere Gemüter spaltet - es ist die Art unserer Politik und herrschaftshöriger Medien, uns dieses Land darzustellen. Wir erfahren im Grunde nichts über das größte Land der Welt. Unsere Stichworte sind: Aggressiver Despot Putin, annektierte Krim, militärische Aufrüstung, ermordete Journalisten, unterdrückte Homosexuelle, verarmte Bevölkerung. Das war‘s. Diese sechs Indizien sollen uns seit 20 Jahren dieses Land beschreiben? Es gab nur eine kurze Phase der Freundschaft des Westens mit Russland – die Phase Jelzin, in dessen Amtszeit Russland für den Westen ein einziger Selbstbedienungsladen war. Bei Putins Amtsantritt lebten 56 Prozent aller Russen unter der Armutsgrenze. Putin hat dieses riesige Land von den Knien auf die Füße gestellt. Das danken ihm die allermeisten Russen, während der Westen tobt vor Wut und ausgerechnet Deutschlands »Verteidigungs«- und Außenminister sich in Drohgebärden spreizen. Dabei könnte und wollte uns dieses Land mit seiner Kraft, seinen Reichtümern und seiner tiefen Seele ein so großartiger Nachbar und Wirtschaftspartner sein.
In Russland findet in diesem Jahr die Fußball-Weltmeisterschaft statt, die am Vortag Ihres Lautaer Konzertes eröffnet wird. Werden Sie die WM verfolgen?
Eine Fußball-WM kann man nicht nicht verfolgen – selbst wenn man wie ich
kein ausgesprochener Fan ist. Und interessant ist, dass viele Russen mir schon im Vorfeld sagen, sie wünschen mir und sich, dass Deutschland wieder Weltmeister wird. Und das wird hier zum Beispiel nie erzählt, mit welcher Großmut die Russen mit uns Deutschen inneren Frieden geschlossen haben. Nach zwei Weltkriegen und nun Sanktionen und Verbalattacken sind sie immer noch auf Versöhnung mit uns aus. Ich hoffe, dass viele Menschen zur WM fahren und mit Russen ins Gespräch kommen.
Ihre Botschaft lautet, nicht nur bezogen auf die deutsch-russischen Beziehungen, »Musik statt Krieg«. Wie kann es Musikern gelingen, mit ihrer Arbeit zwischen den Menschen zu vermitteln?
Musik ist immer der direkte Weg ins Herz und verbunden mit Text kann ein Lied noch Frieden lehren. Das ist die Idee von »Musik statt Krieg«, seit uns 2002 mit medialen Lügen die »Achse des Bösen« in Form des Irak präsentiert wurde. Ich hab damals irakische Musiker in meine Band geholt und mit auf Musik-statt-Krieg-Tour genommen. Heute tue ich das mit russischen, ukrainischen, lateinamerikanischen Musikern. Und ich habe mein Festival »Musik statt Krieg« auf meinem Bauernhof in Mecklenburg-Vorpommern.
Live zu erleben ist Tino Eisbrenner am 15. Juni, 19 Uhr, in der Kulturkirche Lauta. Tickets für das Konzert gibt‘s auch beim WochenKurier.