K. Kunath

Inklusion beim Töpfermeister

Eigentlich arbeitet Martin Sander in den Kleinwachauer Werkstätten im Radeberger Ortsteil Liegau-Augustusbad. Doch ab Ende November tauscht er seinen Arbeitsplatz in der geschützten Keramikwerkstatt für einige Wochen gegen den an einem Stand auf dem Dresdner Striezelmarkt. So wie bereits im vergangenen Jahr.
Martin Sander (r.) besuchte Töpfermeister Jens Frommhold vor kurzem in der Königsbrücker Töpferei. Dem erneuten Praktikum des 31-Jährigen sehen beide gespannt entgegen.

Martin Sander (r.) besuchte Töpfermeister Jens Frommhold vor kurzem in der Königsbrücker Töpferei. Dem erneuten Praktikum des 31-Jährigen sehen beide gespannt entgegen.

Ein bisschen nervös war er anfangs schon, erinnert er sich. Aber nicht so sehr wegen der vielen Menschen, mit denen es der sonst eher schüchterne junge Mann dann zu tun haben würde. Vielmehr sorgte er sich um die Kasse  und darum, dass diese zum Feierabend auch stimmen würde. Doch das Fazit nach seinem Praktikum im vergangenen Jahr ist überzeugend: „Das ist eine gute Sache. Klasse, dass ich die Möglichkeit dazu hatte“, sagt er glücklich. Geboten wurde ihm dieses Praktikum vom Königsbrücker Töpfermeister Jens Frommhold. Er arbeitet bereits seit mehreren Jahren mit den Kleinwachauer Werkstätten zusammen, wenn es um bestimmte Zuarbeiten für seine eigene Töpferei geht. „Als dann die Anfrage kam, ob wir zwei Werkstattmitarbeitern die Gelegenheit geben würde, ein Praktikum bei uns zu absolvieren, sagten wir zu“, so Jens Frommhold. Denn das bringe Schwung sowohl in die eigene als auch in die Werkstatt, in der behinderte Männer und Frauen arbeiten. Seitdem der Töpfermeister selbst einen Epilepsiefall in der Familie habe, sei sein Bezug zu den Werkstätten, die zum Epilepsiezentrum Kleinwachau gehören, noch intensiver, erzählt er. „Vor allem, wenn man sich immer wieder verdeutlicht, dass Epilepsie einfach jeden jederzeit treffen kann.“ In der eigenen Werkstatt an der Weißbacher Straße lassen sich die Praktikanten aus Kleinwachau zwar nicht einsetzen – zu unterschiedlich sind die Arbeitsabläufe und Anforderungen zwischen der Töpferei und der eher auf kreativ-formende Keramik ausgelegten Werkstatt – doch Jens Frommhold hat gemeinsam mit der Kleinwachauer Integrationsbeauftragten Katharina Burkhardt eine andere Nische für die Praktikanten gefunden: Auf dem Dresdner Striezelmarkt unterstützen sie die Verkäuferinnen am Frommholdschen Stand, der nicht nur die Königsbrücker Waren, sondern auch Tassen, Glocken und Weihnachtsanhänger aus der geschützten Werkstatt anbietet. „Unser Martin hat sich dort zu einem wahren Verkaufstalent entwickelt“, erzählt Katharina Burkhardt. Doch der 31-Jährige hat in Dresden nicht nur persönlich viel Neues gelernt, verborgene Talente entdeckt und mehr Verantwortung übertragen bekommen. Auch herzliche Freundschaften zu seinen Kolleginnen „auf Zeit“ sind entstanden. Umso glücklicher ist Martin, dass er auch in diesem Jahr wieder mit nach Dresden fahren darf. „Das ist Integration, wie sie funktionieren soll“, sind sich Jens Frommhold und Katharina Burkhardt einig. Die Integrationsbeauftragte weiß allerdings auch, dass der Weg für ihre Mitarbeiter in ein dauerhaftes sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis auf dem ersten Arbeitsmarkt äußerst schwierig ist. Optimaler seien hingegen solche Praktika oder ausgelagerte Arbeitsverhältnisse, um die Angestellten nach ihren Möglichkeiten zu fördern.


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