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"Wir stoßen an unsere Grenzen"

Dritter Bürgerdialog in der Kreuzkirche befasste sich mit der Frage Sicherheit/Unsicherheit in der Stadt
Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut der Demokratie. Die Polizei muss diese Freiheit absichern, bindet dafür aber sehr viele Kräfte, die anderswo fehlen. Immer öfters muss sie dabei rechte wie linke Gewalt verhindern. Foto: Polizei

Demonstrationsfreiheit ist ein hohes Gut der Demokratie. Die Polizei muss diese Freiheit absichern, bindet dafür aber sehr viele Kräfte, die anderswo fehlen. Immer öfters muss sie dabei rechte wie linke Gewalt verhindern. Foto: Polizei

 Sehr offen und sehr kritisch setzt sich der Präsident der Polizeidirektion Dresden Dieter Knoll (61) mit der Frage auseinander, ob die Sicherheit in der Stadt noch gegeben sei, aber auch mit dem Vorwurf von Sachsens Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD), der Sachsens Polizei indirekt eine Nähe zu Pegida und AfD unterstellt hat. Flüchtlingskrise, Terrorgefahr, Pegida, linke wie rechte Gewalt, – all das hat das Land, ganz besonders aber Dresden gespalten. Sehr gut zu sehen ist das seit Oktober 2014 jeden Montag: Tausende demonstrieren mit, einige Hundert gegen Pegida. Dazu kommt steigende Kriminalität, die nicht nur gefühlt, sondern in Zahlen messbar ist. Die täglichen Polizeiberichte sind voll davon, nicht alles dringt in die Öffentlichkeit. Raub, Prügeleien, Messerstechereien, bandenmäßig organisierte Diebstähle und Einbrüche, Drogenhandel – nicht ausschließlich, aber immer öfter von „südländisch aussehenden Typen" verübt, wie es in den Polizeiberichten meist heißt. Wie sicher, wie unsicher lebt es sich also in unserer Stadt? Hat die Polizei die Lage noch im Griff? „Ja, wir haben die Lage noch im Griff", sagt Dresdens Polizeipräsident Dieter Knoll mit Betonung auf dem Wörtchen „noch". „Doch es wird immer schwieriger, wir machen schon Abstriche an unseren polizeilichen Kernaufgaben." Will heißen: längeres Warten auf die Polizei bei Verkehrsunfällen, weniger Verkehrskontrollen, weniger Präventionsarbeit. Schuld an der Misere ist zum einen der massive Stellenabbau bei der Polizei – jetzt zwar gestoppt und durch den Aufbau einer Wachpolizei geringfügig verbessert. Doch: „Die neuen Kräfte, die jetzt ausgebildet werden, sind in drei Jahren erst einsatzbereit. Bis dahin werden wir noch durch ein Tal der Tränen gehen", ahnt der Polizeipräsident. Schuld an der Misere ist aber auch die deutsche Flüchtlingspolitik, die seit den Geschehnissen in der Silvesternacht in Köln, Hamburg und anderen Städten in einem anderen Licht gesehen werden darf. „Ja, wir haben teilweise auch ein Sicherheitsproblem dadurch. Und zwar mit Straftaten von, aber auch an Asylbewerbern. Eine Folge davon: Rechts- und Linksextremismus haben zugenommen", sagt Knoll. Nicht zuletzt dadurch ist das Land gespalten: Auf der einen Seite gilt es Menschen aufzunehmen, die vor dem Krieg in ihrer Heimat fliehen, Auf der anderen Seite gibt es eine zunehmende Kriminalität von Ausländern bestimmter Nationalitäten, die der gesamten Asylthematik extrem schaden. Aber dieses Problem anzupacken ist Sache der Politik, nicht der Polizei. Genauso wie Pegida kein polizeilich zu lösendes Problem ist, „uns aber sehr viel Kraft kostet". Seit Oktober 2014 waren 28.758 Beamte in Dresden und Umland deswegen im Einsatz. „Wir stoßen an unsere Grenzen", so Dieter Knoll beim 3. Bürgerdialog in der Kreuzkirche. „Lange halten wir das nicht mehr durch. Ohne Vertrauen und Rückhalt bei den Menschen, aber auch seitens der Politik, kann Polizeiarbeit nicht funktionieren." Ehrliche Worte, die zu denken geben. C. Pönisch


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