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André Schramm

So geht Knast auf Sächsisch

Es ist wahrscheinlich der letzte Ort, an dem man seine Zeit verbringen möchte – der tschechische Knast. Deshalb sind unseren Nachbarn dran und drauf, die Bedingungen in ihren Gefängnissen zu verbessern. Die Hilfe des Freistaates in der Angelegenheit kommt nicht ganz ohne Hintergedanken daher.

Auf der Arbeitsebene gibt es schon längere Zeit einen Austausch zwischen Tschechien und Sachsen. Die deutschen Justizbeamten, die bereits Gefängnisse jenseits der Grenze von innen sehen durften, winken ab. Es lägen Welten zwischen den Strafvollzugssystemen beider Länder, insbesondere was die Haftbedingungen anbelangt, sagen sie unisono. Sachsens Justizminister Sebastian Gemkow hat nun das Thema für sich entdeckt und seinen tschechischen Amtskollegen auf dem Hammerweg eingeladen. Hier sitzen derzeit 805 Strafgefangene ihre Zeit ab. Etwa ein Viertel davon sind ausländische Staatsbürger, darunter auch 31 Tschechen. Das Dresdner Gefängnis ist damit zu 104 Prozent belegt. Der Mehrbelastung wird mit Doppelbelegung bzw. Verlegung begegnet. Doch auch das hat Grenzen. Spätestens bei 1.000 Insassen ist die Dresdner JVA ausgebucht. In Tschechien sieht es nicht besser aus. „Auch bei uns steigen die Zahlen“, sagte Dr. Pelikán. Sorge bereite ihm allerdings die hohe Gefangenenrate in seinem Land. Von 100.000 Tschechen sitzen im Schnitt 200 hinter schwedischen Gardinen. In Sachsen liegt die Gefangenenrate zwischen 80 und 90. Hinzu komme die hohe Rate an Wiederholungstätern. „70 Prozent derer, die im Gefängnis saßen, kommen ein zweites oder drittes Mal wieder. Wir suchen daher nach Wegen, die Rückkehr ins kriminelle Leben zu verhindern“, so der tschechische Justizminister weiter. In Sachsen scheint er da an der richtigen Adresse zu sein. Gemkows Worten zufolge seien zwei Drittel der Insassen im Freistaat nach ihrem Aufenthalt kuriert. In Sachsen tut man aber auch etwas dafür. So können Insassen beispielsweise ihren Hauptschul- oder Realschulabschluss nachholen,  einer Beschäftigung nachgehen, eine Therapie oder ein Antigewalttraining absolvieren. „Viele unserer Insassen sehen in der Arbeit eine gute Möglichkeit, ihren Tagesablauf sinnvoll zu gestalten. Größer Anreiz ist jedoch, dass sie damit bis zu 300 Euro im Monat verdienen können“, sagte Rebecca Stange, stellvertretende Anstaltsleiterin. So werden  beispielsweise in der JVA-Werkstatt Möbel für die Behörden im Freistaat hergestellt. Die Beschäftigungsquote liegt bei immerhin 43 Prozent. Genau dort wollen unsere Nachbarn, die regelmäßig wegen der Brutalität in ihren Vollzugsanstalten in die Kritik geraten, auch hin. „Die Arbeitstätigkeit ist nicht nur während der Zeit in den Strafanstalten von großem Nutzen, sondern trägt insbesondere zur erfolgreichen Rückkehr von Verurteilten in ein normales Leben nach der Haft bei“, resümierte Dr. Pelikán. Sein deutscher Amtskollege hat sich einen Gegenbesuch vorgenommen, vermutlich aus Höflichkeit.  Viel mehr erhofft man sich im sächsischen Justizministerium ein Entgegenkommen der Tschechen bei den Themen "illegale Böller" und "Crystal-Schmuggel". Wissenswertes JVA Dresden

Fakten:
Bauzeit: 3,5 Jahre
Eröffnet: 2000
Kosten: 73 Mio. Euro
Insassen: 805 (davon 769 im geschlossenen und 36 im offenen Vollzug
Ausländeranteil: 25 Prozent
Auslastung: 104 Prozent
Zellengröße: 11 qm
Mauer: 6 Meter hoch, 1.200 Meter lang
Fläche: 11 Hektar
Eigenbetriebe: Polsterei, Tischlerei, Schlosserei, Bäckerei, GaLa-Bau und Kfz-Werkstatt
Außerdem: Montage von elektronischen Bauteilen für die Automobilindustrie, Produktion von Kinderspielzeug, u.v.m Tagessätze:
In Sachsen kostet ein Inssasse den Steurzahler etwa 90 Euro am Tag. In Tschechien liegt der Tagessatz bei 1.000 Kronen (umgerechnet knapp 40 Euro) Sonstiges:
In der gesamten Tschechischen Republik sind derzeit zwölf deutsche Staatsbürger im Gefängnis. In der JVA Dresden sitzen 31 Tschechen ein


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