Seitenlogo
as

Massage komplett: Prostitution oder nicht?

Das neue Prostitutiertenschutzgesetz trifft auch die Betreiber und Mitarbeiterinnen von erotischen Massagestudios und zwar anders als ihnen lieb ist.
Keine Zuhälter, alles zwanglos: Massagestudios sollen trotzdem unter das Prostituiertenschutzgesetz gestellt werden. Das sorgt für Unverständnis. Foto: Schramm

Keine Zuhälter, alles zwanglos: Massagestudios sollen trotzdem unter das Prostituiertenschutzgesetz gestellt werden. Das sorgt für Unverständnis. Foto: Schramm

 Über Politik hat sich Katrin Laux nie sonderlich viel Gedanken gemacht. Seit ein paar Wochen ist das anders. Die 58-Jährige ist Dauergast bei Landtagsabgeordneten und versinkt im Papierkram. Frau Laux betreibt in Dresden drei Massagestudios und bietet dort »sinnliche Massagen« an. »Ohne Geschlechtsverkehr«, sagt sie. Wichtiges Detail, vielleicht sogar überlebenswichtig beim Blick auf die Zukunft der Branche. Die Menschen (90 Prozent Männer), die hier her kommen, haben die unterschiedlichsten Motive dafür. »Einige wollen einfach entspannen, andere ihr Liebesleben in Schwung bringen«, sagt Laux. Die Stunde kostet 70 Euro aufwärts, die Genitalmassage inklusive. Manchmal seien auch Paare unter den Klienten. Bisher, so erzählt die Geschäftsführerin weiter, sei das Gewerbe anzeigepflichtig gewesen. Mit dem  neuen Prostitutionsschutzgesetzt werde es nun aber genehmigungspflichtig. Die Erlaubnis ist dann an zahlreiche Auflagen gebunden. So dürfen die Studios nur noch außerhalb des Sperrgebietes liegen. Auch der Mindestabstand von 200 Metern zu Schulen, Kindergärten und Altenheimen muss eingehalten werden. »Übrig bleibt da nichts, höchstens ein Gewerbegebiet am Stadtrand«, sagt Laux.  Teilweise gab es diese Bestimmungen schon in der Vergangenheit. »Nur hat das niemanden interessiert, sofern es keine Beschwerden gab«, erzählt die Betreiberin von »Sinnesart, dem »Zentrum für Berührungskunst« weiter. Obendrein wird künftig auch der sogenannte »Hurenpass« mit Klarnamen und Foto Pflicht für die Masseusen. »Niemand weiß, was mit den Daten passiert. Gerade bei einem Sorgerechtsstreit kann das schnell nachteilig werden«, meint Laux. Die Mitarbeiterinnen haben ihr schon signalisiert, den Job dann an den Nagel zu hängen zu wollen. »Ein schönes Beispiel, wie ein gutgemeintes Gesetz nach hinten los geht«, sagt der Dresdner Sexualpsychologe Dr. Frank Pietzcker. Er hätte sich gewünscht, dass der Gesetzgeber mehr differenziere, vor allem inhaltlich. »Ein Patient mit sozialer Phobie wird ins Fußballstadion geschickt. Was passiert künftig mit einem Menschen, der Probleme sexueller Natur hat«, fragt Pietzeck weiter. Therapie im Bordell? Er sieht bei der Regulierungswut vor allem den sexualpädagogischen Aspekt vernachlässigt.  »Es wird einfach alles in die Rotlichtabteilung gesteckt und fertig«, kritisiert der Psychologe.  Dass mitunter auch Frauen in den Studios Hilfe suchen, die vergewaltigt worden sind, ist kaum bekannt. Behinderte und ältere Menschen nehmen die Dienstleistung ebenso in Anspruch. »Wir haben eine Hand voll Masseurinnen, die regemäßig in Altersheime gehen und dort einen wichtigen Job machen, auch wenn darüber kaum gesprochen wird«, sagt Frau Laux. Allein die 200-Meter-Umkreisregelung würde das gesetzeswidrig machen. Voraussichtlich im Frühjahr wird der Sächsische Landtag über das Ausfertigungsgesetz dazu befinden. Inzwischen haben sich die Dresdner Massagestudios zusammengeschlossen und eine Petition gestartet.  Allein die drei Sinnesart-Filialen spülen nach eigenen Angaben jedes Jahr immerhin 100.000 Euro Gewerbesteuer ins Stadtsäckel. Von einer Nische will Katrin Laux deshalb nicht sprechen und fragt: Wer füllt dann die Lücke, wenn es uns nicht mehr gibt? 


Meistgelesen